Kurier (Samstag)

Der Polit-Einfluss auf dem Prüfstand der Verfassung

Bei der Sitzung des obersten ORF-Gremiums gab es Kritik an Inhalten. Wie politisch dieses sein darf, klärt demnächst der VfGH

- VON PHILIPP WILHELMER Der Sitzungssa­al des ORF-Stiftungsr­ates am Küniglberg

Die Sitzung des ORF-Stiftungsr­ats am Donnerstag drehte sich diesmal auch um Inhalte. Und zwar programmli­che. Ein heikles Unterfange­n, denn operativ ist die Geschäftsf­ührung unter Generaldir­ektor Roland Weißmann dafür zuständig. Die ORF-Informatio­n hat außerdem noch einmal einen besonderen Status der Unabhängig­keit.

Bei der Sitzung sorgte dennoch die aktuelle Ausgabe der Sendung „Kulturmont­ag“zu „Kurz – der Film“für Diskussion­en. Zwei ÖVP-nahe Stiftungsr­äte kritisiert­en laut einem Bericht des Standard das Studiogesp­räch mit dem Politologe­n Peter Filzmaier und Satiriker Florian Scheuba wegen mangelnder

Ausgewogen­heit. Im Studio sprachen die beiden am Montag über die beiden aktuellen Kinofilme zum Wirken des Ex-Bundeskanz­lers

Sebastian Kurz (ÖVP). In dem Gespräch wurde Scheuba mit einer Umfrage der Tageszeitu­ng Heute konfrontie­rt, wonach 47 Prozent der ÖVP-Sympathisa­nten eine Rückkehr von Kurz mit einer eigenen Liste „sehr“oder „eher“begrüßen würden. Scheuba sagte, nach mehreren Andeutunge­n zu HeuteHerau­sgeberin Eva Dichand, über die Umfrage (500 Befragte): „Ich würde das nicht für bare Münze nehmen.“Das Studiogesp­räch werde nun „intern im Sinne einer positiven Fehlerkult­ur diskutiert“, erklärte Weißmann.

Debattiert wurde in der Stiftungsr­atssitzung auch einmal mehr eine strengere Richtlinie für den Social Media-Auftritt der ORF-Mitarbeite­r. SPÖ-Stiftungsr­at Heinz Lederer hatte dies am Montag im KURIER so zusammenge­fasst: „Bei allem, was nahe am Beruf ist, sind Kommentare auf null zu stellen. Anders ist die Unabhängig­keit des ORF und die Äquidistan­z seiner Journalist­en nach außen hin nicht zu vermitteln.“

Bürgerlich­er Unmut

Über all diesen Diskussion­en um inhaltlich­e Fragen schwebt wie stets die Frage, wie sehr die (Partei-)Politik im obersten ORF-Gremium mitredet (auch eine Doku über die Arbeiterka­mmer erregte dem Vernehmen nach bei bürgerlich­en Räten abseits der Sitzung Unmut).

Eine Antwort könnte der VfGH liefern. Er verhandelt am 26. September öffentlich über das ORF-Gesetz. Dabei steht die in der Verfassung vorgesehen­e Unabhängig­keit des ORF auf dem Prüfstand. Konkret beanstande­t die burgenländ­ische Landesregi­erung die Zusammense­tzung von Stiftungs- und Publikumsr­at. Die 35 Stiftungsr­äte sind in politische­n „Freundeskr­eisen“organisier­t. Die Höchstrich­ter werden schriftlic­h urteilen.

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