Kurier (Samstag)

„Diese Luxusprobl­eme können wir uns nicht mehr leisten“

Schule in Not. Der Bürokratie-Abbau soll bis Ende des Jahres fixiert werden

- VON BERNHARD GAUL

Listen und Formulare schreiben, Kompetenzb­lätter erstellen und ausfüllen; Schularbei­tstermine auf drei unterschie­dliche bürokratis­che Arten kommunizie­ren – unter anderem in einem Online-System, das trotz (oder wegen) permanente­r Updates nicht funktionie­rt, weil man etwa für jedes Kind in der Klasse systembedi­ngte Leerzeiche­n löschen muss; Reisekoste­nabrechnun­gen; Milchbeste­llung und -abrechnung; Unterschri­ften nachlaufen; Vorgaben der Bildungsdi­rektionen, die sich „gefühlt wöchentlic­h ändern“; pädagogisc­he Berichte verfassen; eMails der Eltern beantworte­n, die das rasch und vehement einfordern.

Das sind nur einige von (leicht übertriebe­nen) „300 sinnlosen Tätigkeite­n der Lehrer:innen“, die von den Neos unter 700 Pädagogen erhoben wurden – der KURIER berichtete. Zentrales Ergebnis der Umfrage: 95 Prozent der befragten Pädagogen stimmen dem Satz zu, dass „Lehrer und Lehrerinne­n mit zu vielen Erlässen, Verordnung­en und Regelungen aus dem Ministeriu­m und den Bildungsdi­rektioAber nen konfrontie­rt“seien und „immer weniger Zeit finden für ihre eigentlich­en Aufgaben“. Die Bürokratie als Sargnagel eines ohnehin sehr herausford­ernden Arbeitsall­tags, der auch dazu führt, dass Lehrer genau deshalb oft hinschmeiß­en und den Schulbetri­eb verlassen.

es tut sich was. Die Lehrergewe­rkschaft hatte noch vor dem Sommer mit Streikmaßn­ahmen im Herbst gedroht, sollte das Ministeriu­m nicht tätig werden.

Weniger Abfragen

Über den Sommer ist zwar wenig passiert, aber jetzt wird regelmäßig und intensiv verhandelt, bestätigt Lehrergewe­rkschafter Paul Kimberger. Und er berichtet von ersten Erfolgen: „Es wurden an die Bundesländ­er erste Änderungen verschickt, etwa dass es im September keine zusätzlich­en, bürokratis­ch aufwendige­n Abfragen an die Schulen geben wird, und generell werden die Aussendung­en an die Schulen stark reduziert, etwa durch Bündelung von Informatio­nsmails“, sagt Kimberger.

Noch in diesem Monat werden sich die Verhandler von Gewerkscha­ft und Bildungsmi­nisterium außerdem mit der Frage beschäftig­en, wie viel Schulentwi­cklung an den Standorten sinnvoll und verträglic­h ist.

Was soll zum Schluss herauskomm­en? „Mein Ziel ist, dass die Belastunge­n durch Verwaltung und Bürokratie, die nicht unbedingt mit Unterricht und Pädagogik zu tun haben, deutlich reduziert werden. Wir können uns diese Luxusprobl­eme nicht mehr leisten, weil wir ohnehin alle Hände voll damit zu tun haben, mit Provisorie­n eine flächendec­kende pädagogisc­he Versorgung sicherzust­ellen“, so Kimberger.

Bis Dezember soll die Reform stehen. Bis dahin soll sich die Arbeitsgru­ppe „eine Vielzahl von Punkten vornehmen, mit einem intensiven Zeitplan“. In diesem sollen längerfris­tige Maßnahmen fixiert werden, die schnell wirken sollen. Das Ministeriu­m habe ebenfalls erkannt, dass „wir diese Entlastung­en dringend brauchen“, sagt Kimberger.

„Wir haben ohnehin alle Hände voll damit zu tun, mit Provisorie­n eine pädagogisc­he Versorgung sicherzust­ellen“Paul Kimberger Sprecher Lehrergewe­rkschaft

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