„Bereiten uns auch auf eine Nuklearkatastrophe vor“
Ukrainisches Rotes Kreuz wappnet sich für Winter, 17 Millionen auf Hilfe angewiesen
Hilfe. Es ist der größte Einsatz in der Geschichte des Österreichischen Roten Kreuzes, und die Unterstützung dort ist gleich nötig wie zu Beginn der Invasion: „17 Millionen Menschen in der Ukraine sind nach wie vor auf humanitäre Hilfe angewiesen“, sagte Michael Opriesnig, Generalsekretär des österreichischen Roten Kreuzes, anlässlich des Wien-Besuchs seines ukrainischen Gegenübers.
Der Strom an Hilfsgeldern habe sich nämlich deutlich verringert, obwohl die Aufgaben komplexer würden, sagte Maksym Dotsenko, Generaldirektor der ukrainischen Hilfsorganisation. „Zu Kriegsbeginn ging es um Erste Hilfe, jetzt brauchen wir Hilfe bei der Rehabilitation Verwunderter und bei der Reintegration Vertriebener – und das ist sehr kostenintensiv“, sagte er. Mindestens fünf Millionen Menschen gelten als Binnenvertriebene, viele von ihnen leben noch immer in Notunterkünften, andere müssen neu in den ohnehin angespannten Jobmarkt integriert werden. Zudem kümmert man sich um Heimkehrer („die Zahl steigt langsam“, sagt Dotesenko) und um Vermisste: Mindestens 15.000 Menschen gelten laut der International Commission on Missing Persons (ICMP) vermisst, davon mehr als tausend Kinder.
Derzeit ist man hauptsächlich mit den Vorbereitungen auf den Winter beschäftigt. Dotsenko erwartet, dass Russland erneut die Energieversorgung der Ukraine ins Visier nehmen wird, deshalb versucht man, so viele mobile Wärmestationen wie möglich aufzubauen – im vergangenen Winter gab es 3000 davon.
Auch für eine Katastrophe noch größeren Maßstabs wappne man sich. Vor allem in der Region Saporischschja, wo Russland das AKW besetzt hält, werden Trainings für eine Atomkatastrophe abgehalten und Notfallpläne entwickelt. „Wir erwarten das nicht, aber wir bereiten uns auch auf eine Nuklearkatastrophe vor“, sagt Dotsenko.