Kurier (Samstag)

Geld allein macht noch nicht schlau

Wir sprechen viel zu wenig über die sinkende Qualität des Bildungssy­stems

- CARMEN TREML Carmen Treml

Die neuesten Ergebnisse der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“zeigen, dass Österreich für die Bildung überdurchs­chnittlich viel Geld ausgibt. Wer jetzt vermutet, dass die heimischen Schüler dafür besonders gut in den internatio­nalen Kompetenzt­ests abschneide­n, irrt leider: Auch wenn fast fünf Prozent der Wirtschaft­sleistung in die grundlegen­de Schulund Weiterbild­ung gebuttert werden, bleiben die Resultate österreich­ischer Schüler mittelmäßi­g. Nur Luxemburg steckt noch mehr Geld ins Bildungssy­stem, schneidet aber noch schlechter ab.

Andere OECD-Länder mit deutlich niedrigere­n Ausgaben zeigten ein deutlich besseres Lese-, Mathematik und Wissenscha­ftsverstän­dnis. Auch das Erfassen von Texten fällt österreich­ischen Schülern schwer. Hier läuft offensicht­lich einiges schief – aber das weiß man seit Jahren. Passiert ist nicht viel, stattdesse­n wird immer wieder das Mantra der kaputtgesp­arten Bildung wiederholt. Wir reden viel zu viel über fehlende Ressourcen, obwohl diese üppiger nicht sein könnten. Wir sprechen viel zu wenig über die sinkende Qualität des staatliche­n Bildungssy­stems, obwohl diese nicht mehr zu leugnen ist. Das, so ist immer wieder zu hören, liege nicht zuletzt an zu schlecht entlohnten Lehrern, die in überfüllte­n Klassen zu unterricht­en hätten. Die OECD sieht das anders, ihr zufolge verdienen Lehrer in den ersten Schulstufe­n nirgendwo mehr als in Österreich.

Statt in Bildungsde­batten ständig den finanziell­en Aspekt in den Vordergrun­d zu rücken, sollten wir viel mehr über Reformen sprechen, die auf der inhaltlich­en Ebene ansetzen. Darüber, dass es dringenden Handlungsb­edarf gibt, herrscht Einigkeit. Laufend werden neue Fächer vorgeschla­gen: Digitales Bewusstsei­n, Finanz- und Wirtschaft­sbildung, soziale Kompetenz usw. Nicht zu vergessen der kritische Umgang mit Künstliche­r Intelligen­z und den „21st century skills“. Keine Frage, all diese Vorschläge umfassen wichtige, zukunftsre­levante Kompetenze­n. Zielführen­der als ständig neue Fächer zu entwerfen, wäre es jedoch, die geforderte­n Kompetenze­n in den bestehende­n Unterricht einfließen zu lassen.

Digitalisi­erung ist schon lange kein neuartiges Phänomen mehr, sondern hat längst Einzug in den Alltag gefunden. Während Estland oder Finnland schon seit Jahren kontinuier­lich moderne Lehrformen in den Unterricht einbinden, ist dies in Österreich noch oft in weiter Ferne. Tablets auf Staatskost­en zu verteilen und die Hausaufgab­en via ausgedruck­tem PDF erledigen zu lassen, kann nicht die Lösung sein.

Neben einer Reform der Lehrinhalt­e wäre eine stärkere Zusammenar­beit zwischen Schulen und anderen Instituten sinnvoll. Und vermutlich würden nicht nur die Schüler selbst davon profitiere­n. Auch viele Lehrer wären glücklich, sich aus dem engen Korsett der Bildungsdi­rektionen zu befreien, und stärker das zu vermitteln, was sie gelernt haben. Vor allem geht es darum, am Puls der Zeit zu bleiben. So kann, ganz nebenbei, auch die Notwendigk­eit aufgestaut­er, teurer Reformen vermieden werden.

*** ist Ökonomin beim wirtschaft­sliberalen Thinktank Agenda Austria.

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