Kurier (Samstag)

NS-Devotional­ien gehortet: Razzia bei Hooligans in Wien und NÖ

Auch Waffen und Drogen bei Rechtsextr­emen sichergest­ellt

- VON MARKUS STROHMAYER NS-Devotional­ien, Waffen und Suchtmitte­l wurden am Mittwoch gefunden

Schwer bewaffnete Polizisten hämmerten am Mittwoch in den frühen Morgenstun­den zeitgleich gegen sieben Türen in Wien und Niederöste­rreich. Verfassung­sschützer hatten die Razzia bei 13 Mitglieder­n der rechtsextr­emen Hooligan-Gruppe „Unsterblic­h Wien“eingefädel­t. „In der Hooligan-Szene besteht eine allgemein hohe Gewaltbere­itschaft. Wenn diese Gewaltbere­itschaft auf Rechtsextr­emismus trifft, entsteht eine sehr gefährlich­e Lage“, kommentier­te der Generaldir­ektor für öffentlich­e Sicherheit Franz Ruf am Freitag den Einsatz.

Dass es sich bei den 13 Personen im Visier der Ermittler um keine gewöhnlich­en Fußball-Fans handelt, zeigt die Ausbeute der Hausdurchs­uchungen: „Bei den Verdächtig­en konnten zahlreiche NS-Devotional­ien, Kutten, Waffen, Handys, Datenträge­r und kleine Mengen Suchtmitte­l sichergest­ellt werden“, hieß es aus dem Innenminis­terium.

Als erfreulich­en Schlag gegen die rechtsradi­kale Hooligan-Szene bezeichnet Andreas Peham vom Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­es (DÖW) die Razzia. Der Rechtsextr­emismusfor­scher beschäftig­t sich bereits länger mit gewaltbere­iten Hooligans. Obwohl es den „Fanklub“der Wiener Austria schon seit Jahrzehnte­n gibt, beschränkt sich die Nähe zum Neonazismu­s auf die Zeit ab 2009. „Die neonazisti­sche Subkultur ‚Blood and Honour‘ aus England hat damals auch die österreich­ische Hooligan-Szene unterwande­rt“, erinnert sich Peham.

Rechtsextr­eme Symbole wie die Reichskrie­gsflagge oder das Keltenkreu­z seien ab diesem Zeitpunkt im Umfeld der Austria häufiger zu sehen gewesen. Auch die Stürmung des Ernst-Kirchweger-Hauses, eines linken Kulturzent­rums in Wien-Favoriten, durch „Unsterblic­h Wien“fällt in diesen Zeitraum.

Geschwächt­e Hooligans

Obwohl sich Austria Wien bereits 2013 von den radikalen Hooligans distanzier­te, einige Mitglieder mit Hausverbot­en belegte und der

Gruppierun­g den Fanclub-Status entzog, verschwand diese nie von der Bildfläche. Peham zufolge unter anderem deshalb, weil die „Fanatics“, der führende Fanklub der „Violetten“, sich schützend vor die rechtsextr­eme Minderheit stellte. Diese Zeiten seien aber vorbei, da sich die „Fanatics“Anfang des Jahres auflösten. Mittlerwei­le gibt die unpolitisc­h auftretend­e Fangruppie­rung „KAI2000“den Ton an.

„Die Hausdurchs­uchung kam zu einem günstigen Zeitpunkt. ‚Unsterblic­h Wien‘ hat vielleicht noch 50 Mitglieder, früher waren es mehr als doppelt so viele. Die Auflösung der ‚Fanatics‘ schwächt sie zusätzlich“, erklärt Peham. Der Experte betont allerdings, dass es auch bei anderen

Fußballman­nschaften problemati­sche Anhänger gebe. Etwa bei Rapid, dem GAK oder LASK.

Der Extremismu­sforscher warnt dennoch davor, alle Fans über einen Kamm zu scheren: „Nicht jeder Hooligan

ist ein Nazi. Und bei Weitem nicht jeder Fan ist ein gewalttäti­ger Hooligan.“Nachsatz: „Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass neonazisti­sche Hooligans besonders gewalttäti­g sind.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria