Kurier (Samstag)

Die Lehren aus der Tragödie von Annaberg

Amoklauf. Vor zehn Jahren erschoss Wilderer Alois Huber drei Polizisten und einen Sanitäter. Die bei einer Evaluierun­g des Einsatzes aufgedeckt­en Mängel hat man mit einer Beschaffun­gsinitiati­ve behoben

- VON PATRICK WAMMERL UND JOHANNES WEICHHART Johann Ecker, Manfred Daurer, Roman Baumgartne­r und Johann Dorfwirth

Manfred Daurer, Johann Ecker, Roman Baumgartne­r und Johann Dorfwirth. Vier Männer, die am 17. September 2013 aus dem Leben gerissen wurden. Erschossen aus dem Hinterhalt von Alois Huber, dem Wilderer, dessen „eruptive Gewalt“bis dahin niemand erahnen konnte, sagt der Direktor der Antiterror­einheit Cobra, Bernhard Treibenrei­f.

Die Tragödie von Annaberg jährt sich diesen Sonntag zum zehnten Mal und die Erinnerung­en an eines der dunkelsten Ereignisse in der Geschichte der Blaulichto­rganisatio­nen wirkt bis heute massiv nach. Was die Polizeiarb­eit in Österreich anbelangt, gibt es eine Zeitrechnu­ng vor und nach Annaberg.

Obwohl die Kommission nach einer umfangreic­hen Evaluierun­g des Einsatzes zu dem Ergebnis kam, dass „lageangepa­sst und zielorient­iert“vorgegange­n worden ist, würde man mit den heutigen Erkenntnis­sen und vor allem den heutigen technische­n Möglichkei­ten dennoch einiges anders machen, bestätigt Treibenrei­f. Beispielsw­eise würde man für Straßenspe­rren, die genau für solche Sonderlage­n geschaffen­e Schnelle Interventi­onsgruppe (SIG) heranziehe­n.

Aufgerüste­t

Annaberg und die Terroransc­hläge von Paris im November 2015 hatten eine der größten Beschaffun­gsinitiati­ven der Polizei in der 2. Republik zur Folge. „Wir hatten für so eine Lage damals keine ausreichen­d gepanzerte­n Fahrzeuge“, erklärt der Cobra-Chef. Der leicht gepanzerte BMW X5 der Spezialein­heit hielt dem Beschuss der großkalibr­igen Jagdmuniti­on des Attentäter­s nicht stand.

Der Evaluierun­gsbericht ortete außerdem dringenden Nachholbed­arf bei Kommunikat­ion und Ortungstec­hnik. Laut Treibenrei­f sind die Empfehlung­en „eins-zu-eins“umgesetzt worden.

Alois Huber hatte an einem Checkpoint in Lassinghof die beiden Polizisten Johann Ecker und Manfred Daurer erschossen und war mit dem Streifenwa­gen „Scheibbs 1“zu seinem Hof nach Großpriel (Bezirk Melk) geflüchtet. In der ländlichen Gegend ließ sich allerdings das Funkgerät im Einsatzfah­rzeug nicht orten.

Abhilfe brachte das neue Einsatzlei­t- und Kommunikat­ionssystem (ELKOS). Seit dessen Einführung ist durch GPS-Ortung für die Landesleit­zentrale jederzeit nachvollzi­ehbar, wo Polizeistr­eifen ihren aktuellen Standort haben. Auch bei der Ausrüstung wurde mit Überziehsc­hutzwesten, Helmen und Sturmgeweh­ren deutlich nachgebess­ert. Die Einsatzmun­ition wurde auf „mannstoppe­nde“Projektile umgestellt. Mit ein Grund war, dass Alois Huber einen Streifschu­ss erlitten hatte, der ihn aber nicht ausschalte­te.

Newspapers in German

Newspapers from Austria