„Die Konflikte, die es anderswo gibt, kennen wir nicht“
Studium. Wien hat eine neue Privatuni für Nachhaltigkeit. Wie die Charlotte Fresenius Hochschule mit Vorurteilen umgeht und warum ihre Absolventen die Welt verändern
Österreich ist um eine Hochschule reicher. Am 1. Oktober öffnet die Charlotte Fresenius Privatuni in der Wiener Seestadt ihre Pforten und plant nichts Geringeres, als die Wirtschaftswelt in Sachen Nachhaltigkeit zu revolutionieren. Das Rektoren-Duo Martin Kreeb und Bernhard Sams im KURIER-Interview.
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KURIER:
Eine neue private Uni im Land. Wen möchten Sie ansprechen?
Kreeb: Die Menschen, die die Welt retten wollen, die eine Transformation organisieren und mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben wollen.
Wer oder was dieser Uni?
steckt
hinter
Kreeb: Wir sind ein großer Bildungskonzern in Deutschland, die Carl Remigius Fresenius Education Group. Carl Remigius hat 1848 in Wiesbaden ein Institut gegründet, deshalb haben wir vergangene Woche unser 175-Jahr-Jubiläum gefeiert. Die Charlotte Fresenius Privatuniversität ist ein Kind dieser Gruppe. 2020 haben wir den Antrag zur Gründung geschrieben.
Zugelassen wurde sie dann 2022, im Sommersemester 2023 folgte ein Testlauf als Soft-Opening. Mit dem Wintersemester geht es jetzt offiziell los. Ihr erstes Fazit? Kreeb: Sehr, sehr positiv. Wie jedes Start-up haben wir einen Businessplan und die Zahlen wurden sehr gut erfüllt. Wir starten mit 40 bis 50 Studierenden in zwei Bachelor-Studiengängen. Das Masterprogramm
MIT EMPFEHLUNG
fahren wir ein bisschen später, aber BWL und Wirtschaftspsychologie gibt es ab sofort.
Der inhaltliche Fokus liegt auf Nachhaltigkeit, nur ist das ein breites Spektrum. Wie wird das konkret gelebt? Bernhard Sams: In jedem einzelnen Fach, egal ob das Logistik oder strategisches Management ist, ist Nachhaltigkeit enthalten. Das ist der große Unterschied. Die Kollegen von der WU Wien machen sicher ein perfektes Studium, aber mein Eindruck ist, dass sie 99 Prozent Standard-Denken lehren und oben drauf ein bisschen Nachhaltigkeit. Das primäre Wertesystem ist dann darauf ausgerichtet, den Erfolg durch EffizienzSteigerung zu erzielen.
Privatuniversitäten werden oft mit Skepsis begrüßt. Die Qualität der Ausbildung wird hinterfragt, Akkreditierungen entzogen, Absolventen kämpfen mit Vorwürfen, sich einen Titel erkauft zu haben. Wie begegnen Sie dem? Sams: Das war für uns schon überraschend, dass Privatuniversitäten in Wien diesen teilweise problematischen Ruf haben. Ich bin aus Salzburg, wo die Paracelsus-Medizinuni auf einem absoluten TopNiveau ist. Privatunis haben wirtschaftliche Interessen – aber natürlich tut es uns weh, wenn man einen finanziellen Hintergrund für sein Studium braucht.
Auch weil Nachhaltigkeit ein Thema der Breite sein sollte? Mit Studiengebühren, die zwischen 900 und 970 Euro pro Monat liegen, eine schwierige Sache.
Sams: Das ist tatsächlich ein Spannungsfeld. Nachhaltigkeit auf der einen Seite und ein Studium, das nur für jene zugängig ist, die den finanziellen Hintergrund haben, auf der anderen. Hinter uns steht natürlich ein großer Konzern, der sagt: Irgendwann müsst ihr in die Gewinnphase kommen. Aber wir beide sind davon überzeugt, dass diese Welt eine andere Art von Denken braucht und da braucht es überdurchschnittlich qualifizierte Leute. Sie müssen besser sein als jene, die konventionell wirtschaften wollen. Und diese Leute möchten wir ausbilden. Deswegen werden wir uns in weiterer Phase um Stipendien kümmern.
An der Qualität wird es hier also nicht mangeln?
Kreeb: Die meisten Kollegen, die hier unterrichten, kommen von sehr guten, staatlichen Universitäten. Ob sie hier denken oder dort, macht keinen Unterschied. Wir haben außerdem einen wissenschaftlichen Beirat gegründet, mit den besten Köpfen, die wir haben. Da ist die TU München vertreten, die Uni in Zürich oder Tübingen, sowie Cambridge und Arizona State. Alle Studierenden und Eltern können sich sicher sein: hier wird qualitativ gearbeitet. Wir pflegen auch einen guten Kontakt zu den staatlichen Organisationen. Die Konflikte, die es anderswo gibt, die kennen wir in der Form nicht.
Warum sollte jemand bei Ihnen studieren und nicht an einer staatlichen Uni?
Sams: Für uns ist die Persönlichkeitsbildung fast gleich
BRAVO
wertig mit der Wissensbildung. Dafür braucht es aber kleine Gruppen. Das geht in einer großen Schar nicht. Wenn ich 700 Studierende habe, kann ich nicht alle 700 wie Individuen behandeln. Wir machen Leistungsprofile, und Psychologietests, wir schauen uns an, wie es den Leuten geht. Wir verlangen viel, aber fördern auch. Kreeb: Ich habe selber an einer staatlichen und einer privaten Uni studiert. Der Knackpunkt ist die kleine Gruppe und die individuelle Betreuung. Bei uns gibt es keine Wartezeiten, bei uns ist man tatsächlich nach sechs Semestern mit dem Bachelor fertig.
Durchfallen niemanden?
lassen
Sie
also
Kreeb: Doch, aber sie kommen in ein System, wo sie nach sechs Semestern fertig sein können. Wenn sie sich anstrengen und motiviert sind. Geschenkt wird hier gar nichts.
Sams: Unser Anspruch ist, dass die Leute, die von unserer Uni kommen, überdurchschnittlich gut sind. Wir machen viel Projektarbeit, in der die Teamsitzungen auch beobachtet werden. Wir schauen uns also nicht nur die Ergebnisse an, sondern evaluieren, wie diese zustande gekommen sind. Wer hat welche Rolle im Team eingenommen, wer war zurückhaltend, wer dominierte zu stark. Wir analysieren sie in ihrer Arbeitsumgebung, machen Stärken- und Schwächenprofile, mit dem Ziel, dass unsere Individuen nicht nur mit viel Wissen, sondern auch mit viel Überzeugungskraft rauskommen.
Wo müssen ihre Absolventen später angesiedelt sein, damit sie eine Transformation in Unternehmen herbeiführen können?
Kreeb: Mit der Ausbildung können sie im Prinzip überall tätig werden, aber natürlich ist Veränderung immer von der Führungsseite her spannend. Das Ziel ist schon, Menschen in verantwortungsvolle Positionen zu bringen, die zeitnah Veränderung bewirken. Denn wir haben leider nicht unbegrenzt Zeit.
Durch Kooperationen mit der Wirtschaft, Politik und NGO sollen Studierende Praxiserfahrung
MITREDEN sammeln. Wie wird das betrieben?
intensiv
Kreeb: Sehr intensiv. Wir haben einen Reallabor-Ansatz, forschen in keinem künstlichen Umfeld, sondern in der Realität. Mit echten Projekten, echten Menschen und echten Herausforderungen. Wir arbeiten mit dem Naturschutzbund, der Strabag und anderen Unternehmen und versuchen, ein Gefühl zu vermitteln, wo die Problematik oft liegt. Das machen wir vom ersten Semester an. Das führt zu einem intensiven und aufwendigen Studium, aber zu einer guten Wirksamkeit.
Wie ist Ihr Schlüssel Lehrende/Studierende?
Kreeb: Momentan ist er natürlich fantastisch, aber wenn das Angebot voll ausgebaut ist, wird er bei 1 zu 10 liegen, das ist schon wirklich gut. Sams: Wir haben eine Obergrenze, nehmen maximal 30 bis 40 Personen pro Studiengang auf.
Für das Wintersemester sind
Der Druck auf die Wirtschaft wächst. ESG-Kriterien sind von der Kür zur Pflicht geworden. An den Börsen wird