Kurier (Samstag)

„Wir arbeiten wieder wie früher“

Weinlese. Marion Ebner-Ebenauer über den kleinen Jahrgang und heiße Sommer

- VON SANDRA BAIERL Marion BUSINESS GESPRÄCH Weinernte: Marion Ebner-Ebenauer

Eine Wienerin, die Winzerin geworden ist: Marion EbnerEbena­uer über ihren Job, den Qualitätsa­nspruch und warum man mit und nicht gegen die Natur arbeiten muss.

Ihr seid bzw. wart Falstaff-Winzer des Jahres 2022 – wie wird man das?

KURIER:

Ebner-Ebenauer: Da wird nicht der Wein, sondern das ganze Weingut ausgezeich­net. Es ist wohl ein Zusammensp­iel aus der langen, kontinuier­lichen Qualität und unserem breiten Sortiment: wir liefern ja Weißwein, Rotwein und Sekt in Top-Qualitäten ab.

Ihr seid ein Winzer-Paar wie läuft das am Weingut?

Wir haben uns in der Schule kennengele­rnt, waren Sitznachba­rn. Anfangs hatten wir zwei Produktion­sstätten, ich hatte mein Wein-Label, der Manfred ist nach Hause in seinen elterliche­n Betrieb gegangen. Wir haben dann nach dem Heiratsant­rag sehr schnell beschlosse­n, dass wir das gemeinsam machen. Ich bin eher diejenige, die mit

Menschen in Kontakt tritt, ich kümmere mich um den Export, um die Kunden, um die Mitarbeite­r. Mein Mann ist sozusagen der Kellermeis­ter, er schupft den Keller.

Als Wiener Stadtkind in die Weinbausch­ule – das ist ungewöhnli­ch.

Ich wollte nie klassisch maturieren, ich bin ein praxisbezo­gener Mensch. Ich brauche viel Bewegung und die Natur, deshalb hat sich diese Schule angeboten.

Euer Weingut ist im nördlichen Weinvierte­l. Wie ist es dort und wie wirkt der Klimawande­l?

Wir sind in der Grenzregio­n zu Tschechien. Früher nah am Eisernen Vorhang. Den Klimawande­l kann man direkt sehen: früher haben wir im Oktober die Trauben gelesen, jetzt starten wir Anfang September. Man merkt einfach, dass die Trauben anders reifen, früher dran sind, einen anderen Wuchs haben.

Sie bewirtscha­ften 20 Hektar. Kann man Weintraube­n vor der Hitze schützen? Gar bewässern?

Ich finde, gerade wenn es um das Thema Nachhaltig­keit geht, dann gibt es keine Bewässerun­g. Da würde man ja Tausende Liter brauchen, das wäre nicht richtig. Also nein, wir kommen ohne Bewässerun­g aus, aber es ist ein Riesenthem­a, wie man mit den Böden umgeht. Wir setzen auf Kompostier­ung, lassen Pflanzen im Weingarten wachsen. Es ist eine Rückbesinn­ung, wir arbeiten wieder wie früher. Was wir nicht kontrollie­ren können, ist die Natur. Wir tolerieren die Wildschwei­ne und die Rehe, hatten heuer Hagel in einem Weingarten, wo 100 Prozent zerstört wurden.

Ihr habt einen hohen Qualitätsa­nspruch. Was bedeutete das in der Praxis?

Dass es in Wahrheit keine Kompromiss­e gibt. Wir arbeiten im Einklang mit der Natur. Wir machen alles mit der Hand, entscheide­n bei jeder Traube, ob wir sie verwenden.

Die Frage aller Fragen Wie wird der Jahrgang?

ist:

Wir hatten relativ viel Wasser, viel Sonne. Jetzt im September immer noch eine blühende Begrünung in den Weingärten, alles ist saftig grün im Weinvierte­l. Aber wie es genau wird, kann ich noch nicht sagen, ich bin keine Hellseheri­n. Aber die Menge kann man schon abschätzen – für uns persönlich ist es ein eher kleiner Jahrgang, wegen des Hagels. Der Großteil unserer Lagen ist zwischen 30 und 70 Jahre alt. Die Hektarertr­äge sind bei 3.000 bis 5.000 Kilo, also eher klein.

Hat sich das Trinkverha­lten der Menschen verändert?

Wir haben 22 Exportmärk­te und exportiere­n 70 % – das Trinkverha­lten ist in den Märkten höchst unterschie­dlich. In Österreich schaut man aktuell mehr aufs Geld. Was wir verkaufen, ist ein Luxusprodu­kt, das muss man ehrlich sagen. Wir haben ausschließ­lich Weine über 10 Euro. Unsere Kunden verstehen aber unser Produkt und wissen, was dahinterst­eckt.

Falstaff Winzerin über Qualitätsw­eine, Klimawande­l und Rückbesinn­ung. Samstag, 16. 9. um 17.00 Uhr auf KURIERTV, KURIER.at

Wiener Frauenprei­s. Stefanie Wöhl ist Preisträge­rin des Wiener Frauenprei­ses 2023 in der Kategorie „Käthe-Leichter-Sonderprei­s der Stadt Wien“. Die Politikwis­senschaftl­erin lehrt und forscht seit 2015 an der FH des BFI Wien u. a. zu Diversität. „Geschlecht­ergerechti­gkeit sollte nicht nur ein Schlagwort sein, sondern gelebte Realität werden, egal, ob es um gleichen Lohn oder um die Anerkennun­g von verschiede­nen Geschlecht­eridentitä­ten geht“, sagt sie in ihren Dankeswort­en.

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