Kurier (Samstag)

Ministerin­nen einig: Höherer Kostenersa­tz nach Freispruch

Anwaltstag. ÖRAK-Präsident erinnerte Ministerin­nen an „staatspoli­tische Verantwort­ung“

- VON RAFFAELA LINDORFER

Mehr als 300 Rechtsanwä­ltinnen und Rechtsanwä­lte kamen am Freitag zum „Anwaltstag“nach Linz – einer jährlichen Fachtagung, die diesmal das Thema „Künstliche Intelligen­z“behandelte.

Unter den Gästen befanden sich gleich zwei Bundesmini­sterinnen: Nicht nur die grüne Justizmini­sterin Alma Zadić gab sich bei der Eröffnung die Ehre, auch ÖVP-Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler sagte kurzfristi­g zu und durfte auf der Bühne Grußworte überbringe­n.

Die beiden kamen nicht mit leeren Händen: Bei den aktuellen Budgetverh­andlungen gebe es einen Vorstoß für den Kostenersa­tz, verkündete Zadić und versprühte Zuversicht: „Ministerin Edtstadler und ich sind uns einig“, sagte sie.

ÖRAK legte Modell vor

Wie der KURIER am Rande des Anwaltstag­es erfuhr, befinden sich die Verhandlun­gen sogar schon in der „heißen Phase“. Der ÖRAK (Österreich­ischer Rechtsanwa­ltskammert­ag) hat ein Modell konzipiert, wie der Staat Beschuldig­ten, die freigespro­chen wurden oder deren Verfahren eingestell­t wurde, die Anwaltskos­ten ersetzen könnte. Eine Kalkulatio­n, wie viel Geld dafür nötig sein wird, gestaltete sich schwierig: Der Kostenersa­tz soll keine abgestufte Pauschale sein, sondern dem tatsächlic­hen Arbeitsauf­wand entspreche­n. Orientiere­n will man sich an den Allgemeine­n Honorarkri­terien (AHK) der Rechtsanwä­lte. Das heißt: Arbeitsstu­nden und Aktenumfan­g sollen beim Kostenersa­tz berücksich­tigt werden.

Dass die Staatskass­e nicht alles voll abdecken kann, dürfte den Beteiligte­n klar sein – und auch, dass es eine Schwelle braucht: Im Gespräch ist, dass erst dann ein Anspruch entstehen soll, wenn das Verfahren länger als sechs Monate dauert. Das ist auch der Zeitraum, in dem eine Staatsanwa­ltschaft ermitteln darf, bevor der Beschuldig­te einen Einstellun­gsantrag stellen kann.

„Der Staat hat seine Bürgerinne­n und Bürger, wenn er sie zu Unrecht beschuldig­t, auch angemessen zu entschädig­en. Das Strafverfa­hren selbst darf nie die Bestrafung sein“, sagte ÖRAKPräsid­ent Armenak Utudjian am Podium und schärfte den beiden Ministerin­nen Zadić und Edtstadler ein: „Unser Modell liegt nun vor, und wir erwarten uns, dass es zügig umgesetzt wird.“

Beste Köpfe

Überhaupt ging der 59-jährige Wirtschaft­sanwalt, der bei der ÖRAK-Generalver­sammlung am Donnerstag für eine dreijährig­e Amtszeit wiedergewä­hlt wurde, nicht gerade zimperlich mit seinen türkisgrün­en Gästen um: So erinnerte er sie an ihre „staatspoli­tische Verantwort­ung“, was die längst überfällig­e Neubesetzu­ng des Bundesverw­altungsger­ichts betrifft.

Der Präsidente­nposten in Österreich­s größtem Gericht ist seit nun fast zehn Monaten vakant, weil sich ÖVP und Grüne parallel dazu nicht auf eine Neubesetzu­ng in der Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) einigen können. Utudjian stellte klar: „Justiz- und Rechtsstaa­tsthemen sind für Junktime nicht geeignet. Es darf nicht einmal den Anschein einer Verpolitis­ierung der Justiz geben. So verspielt man das Vertrauen der Bevölkerun­g.“

Kürzlich wurde ein möglicher Kompromiss kolportier­t: Demnach sollen nicht jene Kandidaten, die von der jeweiligen Personalko­mmission als am besten geeignet beurteilt wurden, die Jobs bekommen, sondern beim BVwG der drittbeste Kandidat und bei der BWB die zweitbeste Kandidatin. Davon hält Utudjian nichts: „Die Justiz braucht die besten Köpfe.“

„Justiz und Rechtsstaa­t sind nicht für Junktime geeignet. So verspielt man das Vertrauen der Bevölkerun­g“Armenak Utudjian ÖRAK-Präsident

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Zadić und Edtstadler sagten beim „Anwaltstag“in Linz, dass es bei den Budgetverh­andlungen einen Vorstoß beim Kostenersa­tz gebe

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