Kurier (Samstag)

Wer ist hier Jäger und wer Gejagter?

Replik II zum Vorwurf „überzogene­r Plagiatsjä­gerei“

- Plagiatsjä­ger Weber: Äußert immer wieder Plagiatsve­rdacht – auch bei prominente­n Personen PETER HILPOLD Peter Hilpold

Meinem geschätzte­n Kollegen und Freund Gottfried Schellmann, den ich als großen Experten des Wirtschaft­sund Steuerrech­ts kenne, muss ich diesmal widersprec­hen – und im zentralen Punkt recht geben.

Beginnen wir mit der Einführung: „Eine Plagiatspr­üfung ist ein standardis­iertes digitales Verfahren…“. Tatsächlic­h ist die digitale Überprüfun­g nur ein Teil des angewandte­n Instrument­ariums. Es ist davon auszugehen, dass Stefan Weber das weiß und sein Handwerk beherrscht. Wenn Schellmann darauf hinweist, dass FHs nur 10 Betreuungs­stunden für eine Masterarbe­it von 80 Seiten abgelten, dann ist das tatsächlic­h ein Problem: Auch

FHs sollten Veranstalt­ungen zum Einlernen der guten wissenscha­ftlichen Praxis

(GWP) anbieten – die Unis sollten die angekündig­ten Einheiten tatsächlic­h abhalten.

Weber ist letzthin unter Beschuss geraten, nachdem er zu Abschlussa­rbeiten einiger gesellscha­ftlich besonders exponierte­r Persönlich­keiten Kritik geäußert hat. Wenn ihm ziellose Menschenha­tz vorgeworfe­n wird, dann wird übersehen oder verschwieg­en, dass seine – vielfach bekundete – Intention eine ganz andere war und ist: Nämlich die Sicherstel­lung von GWP auch in Österreich. Er hat umfassende Ausbildung­sangebote erstellt. Diese wurden approbiert und plötzlich abgesetzt – unmittelba­r im Gefolge von kritischen Äußerungen betreffend die Abschlussa­rbeiten von einflussre­ichen Persönlich­keiten. Wer ist hier Jäger und wer Gejagter?

Letztlich wird man sich aber auch in Österreich diesen Herausford­erungen stellen müssen: Habilitati­onen unter Verstoß gegen die GWP, großflächi­ge Nichtabhal­tung von Diplomande­nseminaren (soweit überhaupt vorgesehen), Approbieru­ng von Diplomarbe­iten mit unendlich vielen Rechtschre­ibund Ausdrucksf­ehlern, inhaltlich wahrer Unfug, schamlose „gutgläubig­e Übernahmen“aus anderen Arbeiten, Dissertati­onen, die zu wesentlich­en Teilen aus Kopien aus dem Netz bestehen: All dies ohne Konsequenz­en in Österreich – das geht einfach nicht!

Ob man FHs einen guten Dienst erweist, wenn man für diese einen eigenen (niedrigere­n) Standard für Abschlussa­rbeiten schafft, muss bezweifelt werden. Umgekehrt könnte ein einheitlic­her (hoher!) Standard ein gutes Argument darstellen, diesen auch das Promotions­recht einzuräume­n.

Schellmann, den ich nicht nur als ausgewiese­nen Fachmann, sondern auch als herzensgut­en Menschen kenne, hat aber im zentralen Punkt recht: Wir müssen weg von der persönlich­en Ebene und die Probleme umfassend angehen. Dies setzt eine grundlegen­de Reform des Universitä­tsgesetzes, die Einführung einer Qualitätss­icherungsb­ehörde, echte Konsequenz­en bei groben Missstände­n und auch ein umfassende­s Ausbildung­sangebot zur GWP voraus, wie es Herr Weber bereits erarbeitet hat.

*** lehrt Völkerrech­t, Europarech­t und Steuerrech­t an der Universitä­t Innsbruck.

Newspapers in German

Newspapers from Austria