Hitlers Festung in den Bergen
Vergangenheitsbewältigung. Nach sechsjähriger Bauzeit und vielen Verzögerungen ist die neue Dauerausstellung über das Leben und tödliche Wirken Adolf Hitlers am Obersalzberg fertig
Am kommenden Mittwoch wird die neu gestaltete Dokumentation über Adolf Hitler am Obersalzberg eröffnet. Nur wenige Minuten Fußmarsch vom Ausstellungsgebäude entfernt, hat Hitler von seinem „Berghof“aus seine Regierungsgeschäfte geführt und ein Privatleben simuliert.
Der Zeitpunkt der Neueröffnung ist brisant. In zwei Wochen finden in Bayern Landtagswahlen statt. Der Wahlkampf ist überschattet von der Flugblatt-Affäre. Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass der Chef der Partei „Freie Wähler“und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (geb. 1971) im Schuljahr 1987/’88 ein antisemitisches Flugblatt verfasst haben soll, das dann an der Schulezirkulierte.Aiwangergabzu,die Hetzschrift in seiner Schultasche
um dort die Sommerfrische zu genießen. Manche errichten Ferienhäuser. So zum Beispiel die Klavierfabrikantenfamilie Bechstein. mitgeführt, aber nicht verfasst zu haben. Ob er Exemplare weitergegeben habe, wisse er nicht mehr. Als Verfasser outete sich sein Bruder. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält seither trotzdem an Aiwanger als Regierungsmitglied und Koalitionspartner fest. Wohl aus taktischen Gründen, wie das Magazin Focus analysiert. Aiwanger würde sonst als Märtyrer durch die Bierzelte ziehen.
Söder hat für Mittwoch sein Erscheinenangekündigt.Dabeiwird er wohl auf die Rolle Bayerns bei der Aufarbeitung der NS-Zeit eingehen. Die verlief in den Jahrzehnten nach 1945 schleppend. Erst in der jüngeren Vergangenheit wurde damit forciert begonnen. Erforscht wurde etwa die NS-Vergangenheit der Behörden, der Kommunen oder der Vereine.
Mitten im Ersten Weltkrieg errichtet der aus Buxtehude am Obersalzberg
– benannt nach dem Mädchennamen seiner Frau Margarete Wachenfeld. 2017 vergab der FC Bayern München einen Forschungsauftrag, um die Rolle des Klubs in der NS-Diktatur zu untersuchen.
Entlarvung eines Mythos
Federführend bei diesen Projekten ist das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München. Auch die Dauerausstellung am Obersalzberg liegt in der Verantwortung des IfZ. Dabei geht es darum, den bis heute wirkenden Mythos von Hitler als leutseligen Privatmann zu entzaubern, wie das IfZ betont.
Den Ablauf eines gewöhnliches Tages mit dem „Führer“hat schon Joachim C. Fest in seiner Hitler-Biografie von 1973 dokumentiert. Hitlers Hofstaat auf dem „Berghof“bestand aus Adjutanten, Sekretärinnen, Chauffeuren,
1923
Adolf Hitler kommt erstmals auf den Obersalzberg. 1928 mietet er zunächst „Haus Wachenfeld“von Margarete Wachenfeld; 1933 kauft er es und tauft das Domizil in um.
Ordonanzen und Hauspersonal. Dazu kamen eingeladene Parteikader; mitunter samt Familien. Spaziergänge, Baubesprechungen (mit seinem Lieblingsarchitekten und späteren Rüstungsminister Albert Speer), Empfänge und Autopartien zerteilten den Tag.
Müde versammelten sich die Gäste dann am Abend vor dem Kamin. Hitler wirkte auf seine Umgebung paralysierend, wie ein alter Kampfgefährte einmal bemerkte. „Ein oder zwei Stunden blieb man bei mühsam dahingeschlepptem, immer wieder banal versickerndem Gerede, beisammen, mitunter schwieg Hitler vor sich hin oder starrte brütend ins Feuer, während die Runde in einer MischungausRespektundMüdigkeit 1933–1935
verstummte.“Oft mussten die Gäste Kinofilme ansehen. Hitler liebte Gesellschaftskomödien mit plattem Witz und sentimentalen Ausgang, schreibt Fest. Dazu zählten Heinz Rühmanns „Quax der Bruchpilot“oder dessen „Feuerzangenbowle.“Erst wenn sich Hitler zurückzog, lebten die Versammelten in kurzer hektischer Fröhlichkeit auf.
DieAusstellungzeigt,dasshinter dieser Fassade am Berghof auch Politik gemacht wurde. Hier traf Hitler weitreichende Entscheidungen, die in den Weltkrieg und zum Holocaust führten. Auch am Obersalzberg zeigte das Gewaltregime sein wahres Gesicht. Bis zu 6.000 Zwangsarbeiter mussten dort Kavernen für Bunkergänge aushöhlen.
Hitler lässt den „Berghof“zu einem repräsentativen Bau erweitern. Angrenzende Anwesen werden aufgekauft und dem Erdboden gleichgemacht. Der Obersalzberg wird „Führersperrgebiet“. NS-Kader wie Hermann Göring, Martin Bormann und Albert Speer bauen hier Domizile. Es gab außerdem eine
Verwaltungsbauten und einen Gutshof für die Versorgung.
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