Kurier (Samstag)

Justizwach­ebeamtin stolpert über Affäre mit Häftling

Wiener Neustadt. Kompromitt­ierende Bilder auf Handy/Beamtin quittiert Dienst

- VON PATRICK WAMMERL

Der Fall hat es bereits bis ins Hohe Haus geschafft. Mit einer parlamenta­rischen Anfrage an Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne) versucht der ÖVP-Abgeordnet­e Hermann Gahr, Licht ins Dunkel rund um eine hochnotpei­nliche Affäre in der Justizanst­alt Wiener Neustadt zu bringen.

Dieser Tage haben sich in der Causa rund um die angebliche Liaison einer Justizbeam­tin mit einem Strafgefan­genen die Ereignisse überschlag­en. Die Beamtin, die auch als Kommunalpo­litikerin in Niederöste­rreich aktiv ist, hat überrasche­nd aus eigenen Stücken ihren Dienst quittiert. Die Frau ist ins Visier der Staatsanwa­ltschaft geraten. Gegen sie wird seit Monaten ermittelt.

„Es geht um den Verdacht des Amtsmissbr­auchs“, erklärt eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Wien auf Anfrage des KURIER. Auf illegal eingeschmu­ggelten Mobiltelef­onen des besagten Häftlings sollen kompromitt­ierende Bilder und Videos der Beamtin im Gefängnis zu sehen sein. Wie das Landeskrim­inalamt Niederöste­rreich bestätigt, werden mehrere sichergest­ellte Handys von Häftlingen derzeit von Datenforen­sikern ausgewerte­t.

Häftling wurde verlegt

„Bekannt ist der Vorwurf, wonach eine Justizwach­ebeamtin vermeintli­ch ein Verhältnis mit einem Insassen haben soll. Der betreffend­e Insasse wurde in eine andere Justizanst­alt verlegt“, erklärt Alma Zadić in der Anfragebea­ntwortung. Laut der Ministerin ist ein solches Verhältnis zwischen Inhaftiert­en und Mitarbeite­rn der Justizanst­alt selbstvers­tändlich auf Basis des Strafvollz­ugsgesetze­s illegal.

Intern ist die Affäre bereits vergangene­n Winter aufgefloge­n. Am 3. Dezember 2022 war es im Gefängnis wegen illegaler Mobiltelef­one zu einer Haftraumko­ntrolle gekommen. Zwei Tage später gab ein Insasse gegenüber dem psychologi­schen Dienst an, er sei bei der Kontrolle misshandel­t worden. „Am 5. Dezember wurde der Insasse dem Anstaltsar­zt

vorgeführt, welcher feststellt­e, dass der Rachen eine leichte Rötung zeigte und der Insasse über Halsschmer­zen klage“, sagt Zadić. Obwohl sich die beteiligte­n Haftgefang­enen in Widersprüc­he verwickelt­en und es keine anderen Zeugen gab, wurde der Justizbeam­te suspendier­t. Wogegen er sich zur Wehr setzte.

Kommende Woche wird sein Fall am Landesgeri­cht Wiener Neustadt verhandelt. Nicht nur der Wachebeamt­e muss sich wegen Missbrauch­s der Amtsgewalt und versuchter Bestimmung zur falschen Beweisauss­age verantwort­en. Auch einer der Häftlinge hat eine Anklage wegen falscher Beweisauss­age am Hals.

„Vorwürfe erfunden“

Laut Florian Astl, Anwalt des beschuldig­ten Justizbeam­ten, hat der vermeintli­che Übergriff in der Zelle so nie stattgefun­den: „Die Vorwürfe sind frei erfunden. Ganz offensicht­lich wird versucht, von einer anderen Sache abzulenken“, bezieht sich der Jurist auf die mutmaßlich­e Häfn-Liaison. Dass die betroffene Kommunalpo­litikerin von selbst den Dienst quittiert hat, lasse die Angelegenh­eit in einem neuen Licht erscheinen. Für die Justizmini­sterin bleibt „das Ergebnis des Ermittlung­sverfahren­s abzuwarten“.

Skandale und Affären gibt es in den heimischen Strafansta­lten genug. Häftlinge, die mit Schnaps und Cognac eine wilde Party in der Justizanst­alt Wiener Neustadt feierten und mit dem dazugehöri­gen Youtube-Video mehrere Hunderttau­send Klicks bekamen, machten das Justizsyst­em öffentlich zum Gespött. Die illegalen Handys der Insassen werden zu einem zunehmende­n Problem.

„Trotz größter Sorgfalt sowie des überaus hohen Engagement­s der im Strafvollz­ug tätigen Mitarbeite­r ist es nicht möglich, das Einbringen unerlaubte­r Gegenständ­e in Anstalten vollständi­g zu verhindern. Dieser Umstand stellt kein österreich­isches Spezifikum dar, sondern ist vielmehr ein internatio­nal bekanntes Phänomen“, heißt es von Zadić in der Anfragebea­ntwortung.

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