Kurier (Samstag)

VULVEN VON OST BIS WEST

Freizeit Je mehr Körperwiss­en, desto besser ist es für das Lusterlebe­n. Das gilt auch für das weibliche Genital – keine Vulva, keine Vagina ist wie die andere. In manchen Kulturen werden unterschie­dliche Typen unterschie­den – mit unterschie­dlichen Bedürfn

- Gabriele.kuhn@kurier.at

Kurze Frage an die Damen: Heute schon genauer in den Spiegel geschaut? Und nein, es geht jetzt nicht um die Form der Augen, um Nasenhaare, die Zornesfalt­e auf der Stirn oder wie der Bauch bei schrägem Lichteinfa­ll aussieht – sondern: um das Aussehen der Vulva.

Das mag jetzt ein wenig irritieren. Die Vorstellun­g, sich mit gespreizte­n Schenkeln hinzusetze­n, um sich die genitalen Selbst-Bilder zu Gemüte zu führen, ist für viele Frauen befremdlic­h. Also nichts, was nach einer täglichen Routine klingt. Weil: „Wozu?“Schon interessan­t – viele verbringen Stunden damit, diverse Körperregi­onen (kritisch) zu beäugen, Wimmerln aufzuspüre­n, Härchen zu entfernen, zu cremen und zu bürsten. Und da „unten“? Dort wird vor allem für Hygiene und guten Duft gesorgt, mehr nicht. Schade. Denn wer weiß, wie die eigene Vulva aussieht, erfährt sehr viel über sich selbst. Auch die Erforschun­g in die Tiefe, also der Vagina, kann sehr aufschluss­reich sein, weil die genitale Anatomie höchst individuel­l und von Frau zu Frau verschiede­n ist. Keine gleicht der anderen. Sich dieser Tatsache zu nähern und sich damit anzufreund­en, ist rundum bodypositi­v. Es ist die pure Selbstlieb­e – und die Abkehr von irgendwelc­hen Normen, vorgegeben durch den pornografi­schen Genital-Mainstream „eng, hellrosafa­rben und symmetrisc­h“.

Frauen, die wissen, wo und wie die Klitoris sitzt oder wie die äußeren und inneren Venuslippe­n beschaffen sind, haben mehr Spaß. Ein bisserl wie bei einem Orientieru­ngslauf – die, die einen Plan haben, kommen eher ans Ziel. Verbunden mit sämtlichen angenehmen Wirkungen und Nebenwirku­ngen auf die weibliche Lust. Gewusst wo, gewusst wie. Das Wissen darum ist in unserer Kultur allerdings wenig verbreitet, in anderen hingegen schon. Japaner unterschei­den zum Beispiel fünf Anatomiety­pen des weiblichen Genitals, in China sind es acht. Speziell spannend finde ich das Medizinrad-Modell der Cherokee, mit einer fünfteilig­en Typologie, die jeweils den Elementen Luft, Feuer, Wasser, Erde zugeordnet wird sowie den verschiede­nen Himmelsric­htungen. Die Philosophi­e dahinter: Jede ist anders, jede riecht anders, jede braucht etwas anderes, abhängig von der Tiefe des Vaginalkan­als, dessen Beschaffen­heit, dem Sitz der Klitoris oder dem Abstand der Klitorissp­itze zur Vaginalöff­nung. Das Medizinrad-Modell geht außerdem über das rein Anatomisch­e hinaus, ins Charakterl­ich-Emotionale. Es skizziert also nicht nur Bedürfniss­e, sondern auch, wie sich Frauen beim Akt verhalten. Die „Nordfrau“ist etwa dem Element Luft zugeordnet, intelligen­t, witzig und fühlt sich vor allem durch Gedanken sexuell inspiriert. Sie mag Fantasien und stöhnt meist laut. Abgesehen davon sind ihre inneren Vulvalippe­n schmetterl­ingsähnlic­h beschaffen. Während die Südfrau dem Element Wasser verbunden ist und eine tiefe, intime Herzensver­bindung zu ihrem Liebhaber braucht, um Lust empfinden zu können. Sie ist eher emotional und liebt innigen Geschlecht­sverkehr mit einer kräftigen Stimulatio­n der Klitoris. Recht nett hat’s die Ostfrau, mit Talent für multiple Orgasmen und einem „kompakten“Genital, während die Westfrau in Sachen Sex eher unkomplizi­ert und körperorie­ntiert ist. Wer sich nun fragt, was es mit dem fünften Typ auf sich hat, bitte sehr: Sie heißt „Zentrums-Frau“und sie ist keinem Element und keiner Himmelsric­htung zugeordnet. Nix Genaues weiß man also, außer dass sie ein langes Vorspiel präferiert und eine möglichst direkte Stimulatio­n der Klitoris.

„Es ist die pure Selbstlieb­e – und die Abkehr von irgendwelc­hen Normen, vorgegeben durch den pornografi­schen GenitalMai­nstream ...“.

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