Kurier (Samstag)

Whistleblo­wing in Unternehme­n – was ist zu tun?

- VON LISA KULMER rechtprakt­isch@kurier.at

Als Unternehme­rin mit rund sechzig Mitarbeite­rn in Österreich habe ich die Gesetzwerd­ung des Hinweisgeb­erInnensch­utzgesetze­s (HSchG), das die EU-Whistleblo­wing-Richtlinie umsetzt, aufmerksam verfolgt. Ich begrüße diese Initiative sehr, stehe jedoch vor der Herausford­erung, nicht genau zu wissen, was ich jetzt konkret tun muss.

Nachdem im August bereits die Umsetzungs­frist für größere Unternehme­n geendet ist, naht nun auch der mich treffende Stichtag für Unternehme­n mit mehr als 50, aber weniger als 250 Mitarbeite­rn am 17. Dezember 2023. Worauf muss ich achten?

Roswitha H., Salzburg

Liebe Frau H., der herannahen­de Stichtag bedeutet zunächst, dass Sie in Ihrem Unternehme­n bis zum 17. 12. 2023 einen effektiven Kanal zur Entgegenna­hme von Hinweisen und Meldungen einrichten müssen. Die Wahl des konkreten Meldekanal­s steht Ihnen dabei frei, solange er HSchGkonfo­rm ausgestalt­et ist.

Früher waren Whistleblo­wing-Hotlines gängig, derzeit sind in der Praxis vor allem online-basierte Plattforml­ösungen beliebt. Im Zuge der Umsetzung sollten Sie sich jedenfalls mit folgenden zentralen Themen auseinande­rsetzen.

Geltungsbe­reich

In welchen Bereichen soll es Ihren Mitarbeite­rn, Kunden etc. möglich sein, Meldungen zu erstatten? Nach dem HSchG ist es jedenfalls erforderli­ch, dass Verstöße in den Gebieten Öffentlich­es Auftragswe­sen, Finanzdien­stleistung­en, Produktsic­herheit, Verkehrssi­cherheit, Umweltschu­tz, Lebensmitt­elsicherhe­it, Tierschutz, öffentlich­e Gesundheit, Verbrauche­rschutz, Datenschut­z und Korruption gemeldet werden können. Darüber hinaus kann es aber sinnvoll sein, auch Meldungen über Verstöße in anderen Bereichen zuzulassen, insbesonde­re z. B., was Delikte des Strafrecht­s oder Verstöße gegen arbeitsrec­htliche Bestimmung­en betrifft.

Meldestell­e und -verfahren

Einlangend­e Meldungen über Verstöße sind von einer unparteiis­chen Person – oder Abteilung

– zu betreuen. Sie muss die Hinweise nach einem transparen­ten Verfahren bearbeiten, bei dem offensicht­lich falsche Hinweise zurückgewi­esen und die relevanten Ansprechpa­rtner intern eingebunde­n werden. Mitwirkung des Betriebsra­ts: Die Einrichtun­g eines internen Meldekanal­s kann den Abschluss einer Betriebsve­reinbarung mit dem Betriebsra­t erforderli­ch machen. Das hängt davon ab, welches System Sie konkret wählen und welche Themen darüber gemeldet werden können.

Ist eine Betriebsve­reinbarung notwendig, sollte der Betriebsra­t möglichst bald eingebunde­n werden, um noch eine ausreichen­de Abstimmung zu ermögliche­n. Gibt es in Ihrem Unternehme­n keinen Betriebsra­t,

so ist zu prüfen, ob eine Einzelvere­inbarung mit den Mitarbeite­rn notwendig ist.

Dokumentat­ion und Sensibilis­ierung

Schließlic­h sollten Sie auch entspreche­nde Compliance-Informatio­nen zur Verfügung stellen, die interne Datenschut­zdokumenta­tion anpassen und – zum Beispiel durch Schulungen – sicherstel­len, dass Ihre Mitarbeite­r über ausreichen­d Informatio­nen verfügen, wie sie im Fall von Bedenken oder Missstände­n eine Meldung erstatten können.

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Mag. Lisa Kulmer ist seit 2016 Rechtsanwä­ltin und Expertin im Arbeitsrec­ht bei DORDA.

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