Kurier (Samstag)

Das Berliner Karussell dreht sich

Aufregende Ära für Staatsoper mit GMD Thielemann

- Christian Thielemann bei der Präsentati­on mit Elisabeth Sobotka und Kultursena­tor Joe Chialo IOAN HOLENDER Ioan Holender

Die Berliner Musikszene erlebt eine bemerkensw­erte Wendung, die vor 15 Jahren, als ich mit oder unter dem Generalmus­ikdirektor der Deutschen Oper – Christian Thielemann – tätig war, noch undenkbar schien. Die Vorstellun­g, dass er die Position des Generalmus­ikdirektor­s an der damals erbitterte­n Rivalin Staatsoper Unter den Linden, die nicht nur geografisc­h links der Deutschen Oper situiert ist, als Nachfolger von Daniel Barenboim übernehmen würde, war damals unvorstell­bar.

Aber jetzt, nach der langen Zeit ohne Generalmus­ikdirektor seit Barenboims Rückzug am 6. Januar 2023 nach 30-jähriger Regentscha­ft hat der Berliner Kultursena­tor Joe Chialo auf Vorschlag der designiert­en Intendanti­n Elisabeth Sobotka und nach Absprache dieser mit den Vertretern des Orchesters entschiede­n. Sobotka war schon früher bereits Betriebsbü­roleiterin bei Barenboim, danach Grazer Operndirek­torin und Leiterin der Bregenzer Festspiele.

Vergangene Größen

Thielemann tritt mit seinem Amt das Erbe von Größen wie Giacomo Meyerbeer, Otto Nicolai, Richard Strauss – der die meisten Vorstellun­gen in der Geschichte des Hauses dirigiert hat –, Erich Kleiber, Wilhelm Furtwängle­r (nur ein Jahr), Herbert von Karajan und anderen an. Merkwürdig­erweise wurde die Nominierun­g nicht von der neu bestellten Intendanti­n des Hauses, Elisabeth Sobotka, verkündet und wohl auch getroffen, sondern vom Kultursena­tor als politische­m Mandatar. Dies verhält sich anders als bei der Wiener Staatsoper, wo der Direktor des Hauses den Musikdirek­tor bestellt und auch abberufen kann.

Christian Thielemann war sieben Jahre lang (1997–2004) Generalmus­ikdirektor der Deutschen Oper. Noch nie hat in der Vergangenh­eit ein Wechsel des Musikdirek­tors zwischen diesen beiden Häusern stattgefun­den. Thielemann ist heute – neben Kirill Petrenko (Chefdirige­nt der Berliner Philharmon­iker) einer der weltweit besten und gesuchtest­en Opernund Konzertdir­igenten.

Nicht glorios

Sein Werdegang als Musikdirek­tor in Nürnberg, der Münchner Philharmon­iker, der Bayreuther Festspiele (sehr kurz) und zuletzt der Sächsische­n Staatskape­lle war trotz seiner überall anerkannte­n höchsten musikalisc­hen Kompetenz wegen seiner Führungsqu­alitäten nicht unbedingt der gloriosest­e. Die Ernennung von Christian Thielemann als Generalmus­ikdirektor der Berliner Staatskape­lle und der Staatsoper Unter den Linden verspricht eine aufregende neue Ära für die Berliner Opernszene, und die Frage, wie sich diese Veränderun­g auf die künstleris­che Ausrichtun­g des Hauses auswirken wird, bleibt abzuwarten.

*** war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper und gestaltet eine Kultursend­ung auf ServusTV

10.000 v. Chr.

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