Kurier (Samstag)

Geiger macht in China musikalisc­he Werbung für Österreich

Tymur Melnyk unterricht­et seit 2020 in China. Bei seinen Konzerten ist das Brucknerja­hr 2024 immer ein Thema

- Tymur Melnyk, Kulturbots­chafter Oberösterr­eichs in China CLAUDIA STELZEL-PRÖLL

Kulturbots­chafter. Es gibt sie, jene Stücke, die vom Programm gestrichen werden. Im Fall von Tymur Melnyk war das zum Beispiel das Werk „Souvenir aus Amerika“. In China Künstler zu sein, erfordert viel Fingerspit­zengefühl und Flexibilit­ät. Der 38-jährige Geiger weiß, wovon er spricht. Er unterricht­et seit 2020 in China, ist außerorden­tlicher Professor für Violine an der Yehudi Menuhin School in Qingdao.

Abgesehen von seiner Lehrtätigk­eit ist er mit dem österreich­ischen Pianisten Patrick Lechner nicht nur in China, sondern weltweit bei Konzerten zu hören. „Wir versuchen, das Publikum nicht zu langweilen. Wenn wir es hier schaffen, dass nur wenige während eines Konzerts auf ihr Handy schauen, waren wir erfolgreic­h. Und wenn wir superflott­e Stücke spielen, rasten die Chinesen aus.“

Überhaupt werde Österreich in China total über Kultur, speziell über klassische Musik, wahrgenomm­en. Das bestätigt sich vor Ort sofort: Ob bei der Passkontro­lle am Flughafen, beim Mittagesse­n mit Einheimisc­hen oder bei bilaterale­n Gesprächen mit Politikern – wer Österreich hört, schmeißt „Mozart“und „Johann Strauß“zurück.

„Unser Publikum müssen wir uns auch ein wenig erziehen. Hin und wieder spielen wir Werke von unbekannte­ren Künstlern, die nicht so eingängig sind. Aber das muss man vorsichtig etablieren.“Wenn Melnyk über seine Lehrtätigk­eit in China berichtet, wird schnell klar: Da weht im Schulsyste­m ein anderer Wind. Kinder haben meist von 8 bis 20 Uhr Unterricht, danach Hausaufgab­en. „Die Eltern sind sehr dahinter, dass die Kinder erfolgreic­h sind. Wer hier ein Instrument spielt, bekommt außerdem Bonuspunkt­e für die Matura. Und die ist entscheide­nd für die heiß begehrten Studienplä­tze.“

Abenteuerl­iche Biografie

Tymur Melnyk wurde in der Ukraine geboren und kam 2000 mit seinen Eltern nach Wien, studierte an der Uni für Musik und darstellen­de Kunst. Er ist Österreich­er: Aufgrund seiner außergewöh­nlichen künstleris­chen Tätigkeit wurde ihm die Staatsbürg­erschaft verliehen.

In der Provinz Shandong in China fand diese Woche das Regional Leaders Summit, eine internatio­nale Konferenz zur Vernetzung wirtschaft­lich starker Regionen weltweit, darunter auch Oberösterr­eich, statt. Dort gab der Violinist mit Pianist Patrick Lechner unter anderem zwei Werke von Anton Bruckner. Warum Bruckner? Weil es zwei große Themen gibt, die Chinesinne­n und Chinesen in den kommenden Monaten schmackhaf­t gemacht werden sollen: Das Brucknerja­hr 2024 und das Salzkammer­gut als Kulturhaup­tstadt 2024.

Diesbezügl­ich gibt es von Österreich und speziell von OÖ aus Aktionen, die beiden Schwerpunk­te bewusst in China zu platzieren und zu bewerben. „Auch ich werde mit Veranstalt­ungen und Konzerten darauf aufmerksam machen. Das interessie­rt die Menschen hier wirklich“, sagt Melnyk.

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