In Rom lässt sich bestens Geschichte schreiben
Ryder Cup. Sepp Straka wird zum ersten Österreicher, dem beim Golf-Spektakel ein Punktgewinn gelingt. Der Wiener kann an Tag eins seine Stärken ausspielen, gewährt danach seltene Einblicke in seine Gefühlswelt
Ganz am Ende dieses denkwürdigen Golf-Vormittages ließ Sepp Straka zwar nicht die Fäuste sprechen, aber immerhin die Faust. Der sonst so selbstbeherrschte Wiener ballte sie – kurz, aber bestimmt, als der entscheidende Ball im ersten Ryder-CupMatch seines Lebens Freitagmittag im 17. Loch des römischen Marco Simone Golf & Country Club verschwand.
Sieg! Und ein Punkt. Zwar nur einer von mindestens 14,5 benötigten Zählern, um dem Team Europa beim Wettstreit mit den USA jene kleine goldene Trophäe zu bescheren. Aber zeitgleich war es auch ein sporthistorischer Punkt. Straka ist nach Bernd Wiesberger 2021 zwar der zweite Österreicher, der beim wichtigsten Bewerb der Golfwelt abschlägt, aber der erste, der ein Match gewinnt. An der Seite des Iren Shane Lowry dominierte das europäische Duo das FoursomeDuell mit den Kalifornier Rickie Fowler und Collin Morikawa über weite Strecken.
In Feierlaune
„Sepp und Shane haben ziemlich gutes Golf gespielt“, fand auch US-Star Fowler, „sie haben uns keine Chancen angeboten.“Tatsächlich lief die Partie, bei der die Spieler abwechselnd denselben Ball zu schlagen haben, schnell in die Richtung der Europäer. Mit vier Lochgewinnen auf den ersten neun Löchern drohte den leicht favorisierten Amerikanern gar ein Debakel. Letztlich ging es bis zum vorletzten Loch, ehe der Sieg (2&1) fixiert war. Am Abend stand es 6,5:1,5 und hatte die USA erstmals keinen Sieg am ersten Tag geholt.
Den vorwiegend europäischen Fans – rund 50.000 sollen es am ersten Bewerbstag insgesamt gewesen sein – ermöglichte der Spielverlauf einen echten Feiertag. Sie sangen viel (Oleeeee, Oleeeee, Oleeee) und johlten oft, sie buhten nicht wenig und haderten nur selten.
Straka, der das FoursomeFormat hinterher als „Königsdisziplin im Golf“bezeichnete, bildete mit Lowry ein perfekt eingespieltes Duo. Es hilft natürlich im Foursome wie bei Straka und dem Iren, wenn beide Spieler Bälle derselben Marke verwenden und sich diesbezüglich nicht zusätzlich anpassen müssen.
Auch die unterschiedlichen Charaktereigenschaften dürften bei der Zusammensetzung eine Rolle gespielt haben. Lowry ist ein emotionaler Spieler, der ausgelassen jubelt, mit den Fans interagiert und flucht, wenn es sein muss. Straka hingegen merkt man nicht an, ob er gerade ein Birdie oder einen Strafschlag fabriziert hat.
Selbst bei seinem ersten Abschlag um 08.05 Uhr blieb er nach außen hin die Ruhe in Person. Wie es wirklich in ihm aussah vor der mächtigen Haupttribüne, verriet er später: „Sehr, sehr nervös“sei er gewesen, „das Blut rauschte nur so durch meinen Körper, der Herzschlag stieg. Und dann musste ich einfach irgendwie diesen kleinen Ball ins Spiel bringen.“
Dirndl und Botschaft
Das tat er vor den Augen von zahlreichen rot-weiß-roten Fans, darunter auch Ex-Tennisprofi Jürgen Melzer, etwas zittrig, aber solide. An den Rändern der Spielbahnen brachten sich Unterstützerinnen im Dirndl sowie welche im Leiberl mit der Aufschrift „Strong, Stronger, Straka“in Stellung und schielten bereits zur Bier- oder Gin-Bar. Der Tag war ja trotz früher Stunde schon lang. Die Tore zum Spektakel waren um 5.30 Uhr geöffnet worden.
Strakas erfahrener Caddie, Duane Bock, gab in diesen frühen, aber wohl mitentscheidenden Momenten nicht nur bloß den Schlägerträger: „Ich habe ihm gesagt, dass er sich nicht mitreißen lassen soll von all dem rundherum, und dass sein Gang und seine Atmung nicht zu schnell werden sollen. Außerdem gibt es einen Grund, warum Sepp hier dabei ist, und das hat man heute gesehen“, sagte er.
Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wuchs rasch. Als Straka in der Frühphase den ersten Birdie-Putt versenkte, nickte sein Wiener Vater an der Seite still, aber zufrieden, während seine Mutter, eine Amerikanerin, ausgelassen für Europa jubelte. Auch das ist der Ryder Cup.