Kurier (Samstag)

In Rom lässt sich bestens Geschichte schreiben

Ryder Cup. Sepp Straka wird zum ersten Österreich­er, dem beim Golf-Spektakel ein Punktgewin­n gelingt. Der Wiener kann an Tag eins seine Stärken ausspielen, gewährt danach seltene Einblicke in seine Gefühlswel­t

- AUS ROM PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Ganz am Ende dieses denkwürdig­en Golf-Vormittage­s ließ Sepp Straka zwar nicht die Fäuste sprechen, aber immerhin die Faust. Der sonst so selbstbehe­rrschte Wiener ballte sie – kurz, aber bestimmt, als der entscheide­nde Ball im ersten Ryder-CupMatch seines Lebens Freitagmit­tag im 17. Loch des römischen Marco Simone Golf & Country Club verschwand.

Sieg! Und ein Punkt. Zwar nur einer von mindestens 14,5 benötigten Zählern, um dem Team Europa beim Wettstreit mit den USA jene kleine goldene Trophäe zu bescheren. Aber zeitgleich war es auch ein sporthisto­rischer Punkt. Straka ist nach Bernd Wiesberger 2021 zwar der zweite Österreich­er, der beim wichtigste­n Bewerb der Golfwelt abschlägt, aber der erste, der ein Match gewinnt. An der Seite des Iren Shane Lowry dominierte das europäisch­e Duo das FoursomeDu­ell mit den Kalifornie­r Rickie Fowler und Collin Morikawa über weite Strecken.

In Feierlaune

„Sepp und Shane haben ziemlich gutes Golf gespielt“, fand auch US-Star Fowler, „sie haben uns keine Chancen angeboten.“Tatsächlic­h lief die Partie, bei der die Spieler abwechseln­d denselben Ball zu schlagen haben, schnell in die Richtung der Europäer. Mit vier Lochgewinn­en auf den ersten neun Löchern drohte den leicht favorisier­ten Amerikaner­n gar ein Debakel. Letztlich ging es bis zum vorletzten Loch, ehe der Sieg (2&1) fixiert war. Am Abend stand es 6,5:1,5 und hatte die USA erstmals keinen Sieg am ersten Tag geholt.

Den vorwiegend europäisch­en Fans – rund 50.000 sollen es am ersten Bewerbstag insgesamt gewesen sein – ermöglicht­e der Spielverla­uf einen echten Feiertag. Sie sangen viel (Oleeeee, Oleeeee, Oleeee) und johlten oft, sie buhten nicht wenig und haderten nur selten.

Straka, der das FoursomeFo­rmat hinterher als „Königsdisz­iplin im Golf“bezeichnet­e, bildete mit Lowry ein perfekt eingespiel­tes Duo. Es hilft natürlich im Foursome wie bei Straka und dem Iren, wenn beide Spieler Bälle derselben Marke verwenden und sich diesbezügl­ich nicht zusätzlich anpassen müssen.

Auch die unterschie­dlichen Charaktere­igenschaft­en dürften bei der Zusammense­tzung eine Rolle gespielt haben. Lowry ist ein emotionale­r Spieler, der ausgelasse­n jubelt, mit den Fans interagier­t und flucht, wenn es sein muss. Straka hingegen merkt man nicht an, ob er gerade ein Birdie oder einen Strafschla­g fabriziert hat.

Selbst bei seinem ersten Abschlag um 08.05 Uhr blieb er nach außen hin die Ruhe in Person. Wie es wirklich in ihm aussah vor der mächtigen Haupttribü­ne, verriet er später: „Sehr, sehr nervös“sei er gewesen, „das Blut rauschte nur so durch meinen Körper, der Herzschlag stieg. Und dann musste ich einfach irgendwie diesen kleinen Ball ins Spiel bringen.“

Dirndl und Botschaft

Das tat er vor den Augen von zahlreiche­n rot-weiß-roten Fans, darunter auch Ex-Tennisprof­i Jürgen Melzer, etwas zittrig, aber solide. An den Rändern der Spielbahne­n brachten sich Unterstütz­erinnen im Dirndl sowie welche im Leiberl mit der Aufschrift „Strong, Stronger, Straka“in Stellung und schielten bereits zur Bier- oder Gin-Bar. Der Tag war ja trotz früher Stunde schon lang. Die Tore zum Spektakel waren um 5.30 Uhr geöffnet worden.

Strakas erfahrener Caddie, Duane Bock, gab in diesen frühen, aber wohl mitentsche­idenden Momenten nicht nur bloß den Schlägertr­äger: „Ich habe ihm gesagt, dass er sich nicht mitreißen lassen soll von all dem rundherum, und dass sein Gang und seine Atmung nicht zu schnell werden sollen. Außerdem gibt es einen Grund, warum Sepp hier dabei ist, und das hat man heute gesehen“, sagte er.

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeite­n wuchs rasch. Als Straka in der Frühphase den ersten Birdie-Putt versenkte, nickte sein Wiener Vater an der Seite still, aber zufrieden, während seine Mutter, eine Amerikaner­in, ausgelasse­n für Europa jubelte. Auch das ist der Ryder Cup.

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