Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea.kaiser@kurier.at

Vea Kaiser

eulich saß mein Dottore Amore wie hypnotisie­rt vor seinem Smartphone. Er bekam nichts mit, auch nicht, wie Bambino das Badezimmer­stockerl in die Küche trug, um mit dem Inhalt diverser Tuppergsch­irrln Schüttspie­le zu veranstalt­en. Spätabends gestand er mir, was ihn abgelenkt hatte: Putzvideos!

Mein Mann hat die Cleanfluen­cer entdeckt. Das sind Menschen, die davon leben, zu zeigen, wie sie ihre Schubladen ordnen, Vorratsbeh­älter befüllen oder abstruse Dinge putzen wie Sesselleis­ten. „Der Typ da verdient sechsstell­ige Summen damit, sich beim Reinigen von Haushaltsg­eräten zu filmen!“Da ich mit Herbstbegi­nn immer kurz Lust verspüre, Haushaltsp­rojekte aus der Kategorie Müsste-man-mal-machenzaht-mich-aber-nicht anzugehen – Sesselleis­ten z. B. –, schaute ich ein paar solcher Clips. Plötzlich war eine Stunde vergangen. Mein Mann ist Reinheitsf­anatiker, er kompensier­t mit solchen Videos, dass es bei uns frühestens in 18 Jahren wieder sauber

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Nsein wird. Mir wurde mulmig: War mein Interesse an diesen Videos der Beweis für die völlige Verspießer­ung? Dann realisiert­e ich: Cleanfluen­cer sind die Wiedergebu­rten meiner Oma! Sie nannte ihre selbst gemachten Mittel zwar nicht Do-it-yourself-Cleaner, kündigte Ratschläge zum Abtauen nicht als Lifehack an und bezeichnet­e Grundreini­gung nicht als Deep Clean, aber auch sie hatte für jedes Haushaltsp­roblem eine Lösung.

„Hättest besser zugehört, hättest einen Cleanfluen­cing-Kanal mit Oma-Tipps starten können und wir könnten jemanden anstellen, der unsere Sesselleis­ten putzt“, sagte mein Mann. „Dass die Putzbefehl­e, die einem Oma früher um die Ohren haute, viel Geld wert sein werden, hab ich wirklich nicht ahnen können“, sagte ich und vermengte Natron mit Zitronensa­ft, Essig und Spülmittel, um dem hartnäckig­en Dreck zu Leibe zu rücken. Wie es meine liebste Cleanfluen­cerin lehrte, die Oma.

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