„ICH BEREUE NICHTS“
Wenn der Berg ruft, ist Reinhold Messner nicht weit. |n seinem neuen Buch verschreibt er sich dem traditionellen Bergsteigen und seinen Reliquien. |m |nterview spricht er über das Verm▸chtnis seines toten Bruders, das jüngste Unglück am K2 und das kompliz
Er galt lange als Erster auf allen Achttausendern, doch jetzt wurde ihm der Rekord aberkannt, weil das „Guinnessbuch der Rekorde“die Richtlinien geändert hat. Reinhold Messner ist das nur ein Schulterzucken wert. Er habe sich nie darum bemüht, drinzustehen, meinte er lakonisch. Er sieht sich als Grenzgänger und Bewahrer der Berge, des traditionellen Alpinismus. Sein Motto: Der Berg muss wild bleiben. Der Südtiroler ist ein Abenteurer im besten Sinne. In seinem neuen Buch „Pickel, Seil & Mauerhaken“erzählt er von 33 Objekten, die das Bergsteigen prägten und die er auch in seinen Messner Mountain Museen ausstellt: etwa ein Gewehr, das Messner im wilden Hindukusch half, und der Eispickel des legendären Freikletterers Paul Preuss.
freizeit: Herr Messner, Sie sind der berühmteste Bergsteiger unserer Zeit. Gefällt es Ihnen, wenn man Sie auch als Abenteurer bezeichnet? REINHOLD MESSNER: Ich sehe mich als Abenteurer. Im Moment sogar mehr als je zuvor.
Wie kommt das?
Ich bin in keiner Weise darauf aus, dass man mich den besten oder erfolgreichsten Bergsteiger nennt. Ich war Bergsteiger, aber das ist lange her. Und als Bergsteiger war ich auch ein Abenteurer. Heute ist Bergsteigen mehr oder weniger Sport. Mir liegt das traditionelle Bergsteigen am Herzen.
Warum legen Sie darauf so großen Wert?
Das Bergsteigen gliedert sich in Phasen. Nachdem alle Berge bestiegen waren, versuchte man, schwierige Wege zum Gipfel zu finden. Dann kam die Verzichtsphase, das Weglassen von Hilfsmitteln – etwa auf den Mount Everest ohne Sauerstoffmaske. Und heute? Erleben wir den PistenAlpinismus. Überall sind die Leute auf eingerichteten Klettersteigen und präparierten Bergen unterwegs. Dazu kommt: Mehr als 90 Prozent klettern heute in der Halle. Es ist zum Wettkampf geworden. Mit Alpinismus hat das nichts zu tun. Die Halle hat auch ihre Vorteile.
Klettern ist ein toller Sport für Jung und Alt. Die Halle ist klimatisiert. Es gibt keine Wetterstürze, man kann nicht runterfallen, es besteht keine Steinschlag-Gefahr. Doch wenn sie bei Olympia die Plastikwände hochturnen, ist das kein Klettern mehr. Würde ich im Gebirge so klettern wie die Champions bei Olympia, würde ich mir den Kopf zerschlagen. Das ist kein Abenteuer, das ist Sport.
Also Bedauern, weil die Leute so gerne in die Halle gehen anstatt in die Berge?
Nein, aus ökologischer Sicht ist das sogar positiv. Die Leute fahren mit dem Fahrrad an den Stadtrand, klettern, fahren wieder nach Hause. Und machen am Berg nichts kaputt. Mein Bergsteigen ist aber nicht messbar. Es ist die Auseinandersetzung zwischen der Menschennatur mit ihren Ängsten und Zweifeln und der Bergnatur.