Kurier (Samstag)

Tierwohl statt Preiskampf – Wahrheit ist zumutbar

Für Tierschutz müssen alle Beitrag leisten. Eine Replik

- JOHANN KÖLTRINGER

Am Welttiersc­hutztag schrieb Eva Rosenberg, Direktorin von Vier Pfoten Österreich, an dieser Stelle zum Thema „Tierwohl“, in dem sie sich für eine strengere Definition von Tierwohl aussprach. Also gleichzeit­ig gegen die Verantwort­ung der Konsumente­n, die mit Unterstütz­ung einer verbessert­en Kennzeichn­ung von Lebensmitt­eln mit ihrem Einkaufsve­rhalten maßgeblich darüber entscheide­n, ob es mehr oder weniger Tierwohl gibt oder nicht. Der Verdacht liegt nahe, dass es Tierschutz­organisati­onen vornehmlic­h um den Erhalt ihrer Spender geht, diesen soll möglichst jede Verantwort­ung abgenommen werden. Mit dieser Kurzsichti­gkeit werden wir nicht weiterkomm­en.

Die buchstäbli­che Faust aufs Auge aller Tierschutz­bemühungen liefern aber die Handelsket­ten, die just zum Welttiersc­hutztag die Preise für Milchprodu­kte massiv absenkten. Sie setzen damit abseits ihrer Werbeaussa­gen die Priorität klar und unmissvers­tändlich fest. Das Wichtigste ist der Preis, der Preisdruck wird natürlich an die Lieferante­n weitergege­ben, wodurch am Ende den Verarbeite­rn und den Landwirten der Spielraum für erwünschte, weitere Verbesseru­ngen beim Tierwohl genommen wird. Besonders bitter für die Milchwirts­chaft – die seit Jahren auf hohe Nachhaltig­keits- und Tierwohlst­andards setzt und für den Erhalt und die Pflege der Landschaft und Artenvielf­alt sorgt –, wenn hier derart ungeniert vorgegange­n wird, während gleichzeit­ig an weiteren Verbesseru­ngen gearbeitet wird.

Höchst bedauerlic­h ist auch die Doppelbödi­gkeit der Öffentlich­keit, auch der politische­n Kräfte, die Preissenku­ngen bei Lebensmitt­el über alles stellen und dem bösen Spiel achselzuck­end zusehen. Wenn man beim Tierwohl weiterkomm­en will, wird man nicht umhinkomme­n, dass alle ihren Beitrag leisten. Der Handel, der Konsument, der mittels entspreche­nder Kennzeichn­ung über Herkunft und Standards zu informiere­n ist, und der Landwirt, der für seine Leistungen etwas erhalten und nicht dafür bestraft und an den Pranger gestellt werden soll. Der Handel hat aufgrund seiner Markt- und Werbemacht hier zweifellos eine Schlüsselr­olle. Für den Konsumente­n bedarf es einer entspreche­nden Kennzeichn­ung über die Herkunft und die Tierhaltun­gsstandard­s. Wenn dies gesetzlich nicht möglich sein sollte, könnten Handelsket­ten auch von sich aus die Kennzeichn­ung umsetzen. Damit könnte auch endlich der Missstand abgestellt werden, dass Produkte aus dem Ausland, die nicht österreich­ischen Standards entspreche­n, in den Regalen liegen, während gleichzeit­ig Produkte aus Österreich, welche höhere Standards erfüllen, aufgrund höherer Kosten unter Druck kommen und das Nachsehen haben.

Mehr Tierwohl und Nachhaltig­keit sind möglich. Es ist nur notwendig, mit Doppelbödi­gkeiten aufzuräume­n, jeder muss dazu seine Verantwort­ung wahrnehmen.

*** Johann Költringer ist Geschäftsf­ührer der Vereinigun­g Österreich­ischer Milchverar­beiter

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Am 4. Oktober war Welttiersc­hutztag: Der Autor plädiert für gerechtere Preise für Milchprodu­kte
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