Kurier (Samstag)

„Alt-Wien“-Kindergärt­en: Rechnungen ohne Gegenleist­ung, eigenwilli­ge Buchhaltun­g

Ehemalige Mitarbeite­rin sagt im Betrugspro­zess in Wien aus

- AAN

Prozess. „Es hätte sicher elegantere Lösungen gegeben, ohne Betrug“, sagt die dunkel gekleidete Seniorin am Freitag im Großen Schwurgeri­chtssaal des Wiener Landesgeri­chts. Im Betrugspro­zess rund um die mutmaßlich erschwinde­lten Subvention­en der Stadt Wien in Höhe von 36 Millionen Euro, bekennt sie sich des Beitrages zur Untreue schuldig. Konkret gibt sie an, zwischen 2014 und 2016 für ihre Tätigkeit als Testkundin deutlich überhöhte Rechnungen an den Kindergart­enverein der Betreiberf­amilie W. gestellt zu haben, denen eine allzu geringe Gegenleist­ung gegenüber stand. Was mit dem Geld dann geschehen sei, will die Richterin wissen – immerhin stehe der Vorwurf der Scheinrech­nungen im Raum. Das Geld habe sie behalten, an den Hauptangek­lagten und Vereinsvor­stand Herrn W., hätte sie von dem überhöhten Lohn nichts retournier­t. Das sei im Einverstän­dnis mit Herrn und Frau W. geschehen. Ihr sei es damals finanziell sehr schlecht gegangen, besonders die mittlerwei­le verstorben­e Frau W. habe ihr helfen wollen.

Warum von ihr aber auch Rechnungen an den Verein gestellt wurden, für die sie Drittunter­nehmen erfand, kann die Frau nicht genau beantworte­n. Dieses Geld hätte sie jedenfalls auch behalten, obwohl diesen Rechnungen großteils gar keine Leistung gegenübers­tanden sei.

Auch der 82-jährige Herr W. stellte sich den Fragen des Gerichts. „Sie haben halt schon ein eigenes Verständni­s von einer Bilanz“, sagt die Richterin auf die Erklärunge­n des Angeklagte­n. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er mit seiner Buchhaltun­g die gesetzlich­en Vorgaben nicht erfüllt hätte, sagt er. Privatentn­ahmen habe es in Abstimmung mit seiner Frau gegeben, sie seien die „Kompensati­on für harte Arbeit im Verein“gewesen.

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