Kurier (Samstag)

Im Herbst könnte es an den Börsen stürmisch werden

Ausblick. Die Konjunktur lahmt in Europa und die Inflation sinkt weltweit nur langsam. Für Aktien ist das keine gute Ausgangsla­ge

- VON ROBERT KLEEDORFER

Internatio­nale Aktienanle­ger hatten bis zum Sommer durchaus Grund zur Freude. An vielen Börsen kletterten – nach dem Schreckens­jahr 2022 – die Indizes nach oben. Doch seit einigen Wochen lahmt die Entwicklun­g. Nach dem üblichen sommerlich­en Durchhänge­r ist kein nachhaltig­er Aufschwung nach oben in Sicht. Im Gegenteil, es geht wieder abwärts. Könnten im Herbst nicht nur die Blätter, sondern auch die Kurse fallen?

„Für Aktien sehen wir insgesamt kurzfristi­g Vorsicht geboten, auch wenn es individuel­l betrachtet durchaus noch einige positive Trends gibt“, sagt etwa Fabiana Fedeli, Chief Investment Officer bei der Fondsgesel­lschaft M&G Investment­s. Michael Schönhaut, Portfoliom­anager bei JP Morgan Asset Management, weist auf eine Besonderhe­it im heurigen Jahr hin. „Die Aktienrall­y wurde nur von einigen wenigen Titel getrieben. Während die Top-10Aktien im MSCI World All Country Index fast ausschließ­lich aus dem Technologi­esektor waren und bis Ende September um 66 Prozent zulegten, gewann der restliche Markt nur 3,6 Prozent.“

Schein-Performanc­e

In der Tat sorgte Technologi­e und hier vor allem der Hype um Künstliche Intelligen­z bei Anlegern für einen unglaublic­hen Hype. Die Techbörse Nasdaq legte heuer um 35 Prozent zu und konnte sich auch in den vergangene­n Wochen dem Negativtre­nd ziemlich entziehen. „Das erzeugte teilweise eine ‚Scheinperf­ormance’, denn insbesonde­re viele sicherheit­sorientier­te Investoren setzten nicht auf einzelne Highflyer“, erklärt Felix Düregger von der Schoellerb­ank.

Ebenfalls ein gutes Bild zeichneten japanische Aktien, die heuer schon 20 Prozent im Plus sind.

Weniger gut lief es in Europa. Der Frankfurte­r DAX hat nach dem Erreichen eines Allzeithoc­hs Ende Juli sukzessive abgebaut und liegt nun nur noch sieben Prozent im Plus, der britische FTSE 100 und der österreich­ische ATX leicht im Minus. Ebenfalls nicht prickelnd lief es in vielen Schwellenl­ändern.

Dass es vor allem in Europa nicht so toll läuft, erklärt Felix Düregger von der Schoellerb­ank mit der hartnäckig­en Inflation. Sie entwickle sich bereits das gesamte Jahr über rückläufig. Dennoch bleibe vor allem die Kerninflat­ion

(ohne Energie und Nahrungsmi­ttel) hartnäckig. Dies treffe auch auf die USA zu, wobei die Gesamtinfl­ation deutlicher zurückging­e.

Die relativ hohe Inflation trifft in Europa auf eine schwache Konjunktur. Ein solches Szenario bringe Notenbanke­n in eine verzwickte Situation, so Düregger. Weitere Zinserhöhu­ngen würden die Wirtschaft weiter schwächen. Tue sie nichts, dann bleibe die Inflation hoch.

Diese Gemengelag­e macht es für (profession­elle) Investoren schwierig. „Die Zinsen werden wohl länger hoch bleiben als gedacht“, sagt Fedeli. „Das setzt den Aktienmärk­ten zu. Aus unserer Sicht ist immer noch nicht der Zeitpunkt gekommen, um breit einzusteig­en. Unternehme­n müssen sich weiterhin mit hohen Zinsen, einer schwachen Nachfrage und der ständigen Herausford­erung zur Innovation auseinande­rsetzen.“ Aktien aus dem Bereich Infrastruk­tur oder von Unternehme­n mit Lösungen zur Reduzierun­g der CO2-Emissionen sowie technologi­schen Innovation­en wie KI könnten aber Chancen bieten. Eine interessan­te Alternativ­e seien auch langläufig­e Staatsanle­ihen.

Schönhaut von JP Morgan empfiehlt Dividenden­titel. Deren Kurse hätten im Durchschni­tt heuer nur um 2 Prozent zugelegt und damit gebe es noch Potenzial nach oben. Die US-Investment­gesellscha­ft Fidelity rät Anlegern weiter zu Investment­s in Japan und Schwellenl­ändern ausgenomme­n China. Aber auch sie empfehlen, um Europa (ausgenomme­n Großbritan­nien) bis auf Weiteres einen Bogen zu machen.

Weitere Infos zum Thema gibt es im wöchentlic­hen KURIERPodc­ast „Ziemlich gut veranlagt“. www.kurier.at/podcasts

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Hype um Künstliche Intelligen­z sorgt an den Börsen für Gewinne. Abseits von Techwerten blieben einige Märkte hinter den Erwartunge­n
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