Die Hoffnung ruht auf 2024
Wirtschaftsprognosen. WIFO und IHS sehen heuer eine milde Rezession und erwarten im kommenden Jahr einen moderaten Aufschwung. Der private Konsum wird die zentrale Stütze, weil die Inflation wieder sinkt
Es gibt gute Gründe für das kommende Jahr optimistisch zu sein. Aber 2023 ist „konjunkturell zum Vergessen“, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag bei der Präsentation der neuen Wirtschaftsprognosen.
Noch bei ihrer Juni-Prognose glaubten WIFO und IHS an ein überschaubares Wachstum auch im heurigen Jahr. Nach kräftigen Revisionen in Deutschland sei auch hierzulande klar, dass Österreich heuer eine milde Rezession
(WIFO: -0,8 %, IHS: -0,4 %) erlebt. Auch die Inflationsprognose musste leicht angehoben werden. Nun liegt der Fokus auf den Lohnverhandlungen, die durch die neuen Prognosen sicher nicht einfacher werden dürften.
Ein Blick in die nähere Zukunft zeigt aber: 2024 dürfte die durchschnittliche Jahresteuerung von rund 7,7 auf 4,0 Prozent sinken. Liegen die anstehenden Lohnabschlüsse bei den Metallern, im Handel oder im öffentlichen Dienst irgendwo bei den erwarteten zehn Prozent, dann bleibt auf jeden Fall ein kräftiger Reallohnzuwachs für die Beschäftigten übrig. Und das macht den privaten Konsum 2024 zur zentralen Konjunkturstütze. Das betonte auch der neue IHS-Chef Holger Bonin.
Kündigungen als Gefahr
Dabei hilft der bisher robuste Arbeitsmarkt. Die Gefahr sei allerdings, dass auf zu hohe Lohnabschlüsse Kündigungswellen folgen könnten. In der Industrie, von der die aktuelle Flaute ausgeht, will man das Personal aber halten (siehe Artikel rechts). Am schlimmsten trifft es insgesamt die Bauwirtschaft, und hier vor allem den Hochbau. Die Branche werde auch 2024 nicht aus der Rezession kommen, sagen die Experten.
Felbermayr legte bei dieser Gelegenheit den Finger in gleich mehrere Wunden. So sei man mit rund 20 Prozent Abweichung doch sehr weit vom vereinbarten Abbaupfad bei den Treibhausgasemissionen entfernt. Sorgen bereiten ihm auch die durchaus schwache Entwicklung des Pro-Kopf-Wohlstandes oder der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
des Standortes. Österreich verliere an Terrain. Auch die Stagnation bei den Investitionen schmerze. Die Industrie, vor allem auch die kleinen und mittlerer Betriebe, litten weiter unter hohen Energiekosten.
Politische Reaktionen
Für Wirtschaftsminister Martin Kocher zeigen die neuen Daten lediglich eine „vorübergehende Konjunkturdelle“. Er sieht „keinen Grund zur Verunsicherung. Die österreichische Wirtschaft steht auf einem soliden Fundament.“
Die Opposition sieht das erwartungsgemäß ganz anders. Die SPÖ spricht von einer „Bankrotterklärung der ehemaligen Wirtschaftspartei ÖVP“. Österreich hätte einen Kanzler, der „gegen höhere Löhne statt höhere Preise kämpft“. Für die FPÖ habe die Bundesregierung „unseren Wohlstand vernichtet“. NEOS-Chefin Beate MeinlReisinger meinte zu den neuen Wirtschaftsdaten, es bedürfe nun kreativer Lösungen für die Lohnabschlüsse im Herbst – und einer Senkung der Lohnnebenkosten.