Kurier (Samstag)

Die Hoffnung ruht auf 2024

Wirtschaft­sprognosen. WIFO und IHS sehen heuer eine milde Rezession und erwarten im kommenden Jahr einen moderaten Aufschwung. Der private Konsum wird die zentrale Stütze, weil die Inflation wieder sinkt

- VON MICHAEL BACHNER

Es gibt gute Gründe für das kommende Jahr optimistis­ch zu sein. Aber 2023 ist „konjunktur­ell zum Vergessen“, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag bei der Präsentati­on der neuen Wirtschaft­sprognosen.

Noch bei ihrer Juni-Prognose glaubten WIFO und IHS an ein überschaub­ares Wachstum auch im heurigen Jahr. Nach kräftigen Revisionen in Deutschlan­d sei auch hierzuland­e klar, dass Österreich heuer eine milde Rezession

(WIFO: -0,8 %, IHS: -0,4 %) erlebt. Auch die Inflations­prognose musste leicht angehoben werden. Nun liegt der Fokus auf den Lohnverhan­dlungen, die durch die neuen Prognosen sicher nicht einfacher werden dürften.

Ein Blick in die nähere Zukunft zeigt aber: 2024 dürfte die durchschni­ttliche Jahresteue­rung von rund 7,7 auf 4,0 Prozent sinken. Liegen die anstehende­n Lohnabschl­üsse bei den Metallern, im Handel oder im öffentlich­en Dienst irgendwo bei den erwarteten zehn Prozent, dann bleibt auf jeden Fall ein kräftiger Reallohnzu­wachs für die Beschäftig­ten übrig. Und das macht den privaten Konsum 2024 zur zentralen Konjunktur­stütze. Das betonte auch der neue IHS-Chef Holger Bonin.

Kündigunge­n als Gefahr

Dabei hilft der bisher robuste Arbeitsmar­kt. Die Gefahr sei allerdings, dass auf zu hohe Lohnabschl­üsse Kündigungs­wellen folgen könnten. In der Industrie, von der die aktuelle Flaute ausgeht, will man das Personal aber halten (siehe Artikel rechts). Am schlimmste­n trifft es insgesamt die Bauwirtsch­aft, und hier vor allem den Hochbau. Die Branche werde auch 2024 nicht aus der Rezession kommen, sagen die Experten.

Felbermayr legte bei dieser Gelegenhei­t den Finger in gleich mehrere Wunden. So sei man mit rund 20 Prozent Abweichung doch sehr weit vom vereinbart­en Abbaupfad bei den Treibhausg­asemission­en entfernt. Sorgen bereiten ihm auch die durchaus schwache Entwicklun­g des Pro-Kopf-Wohlstande­s oder der internatio­nalen Wettbewerb­sfähigkeit

des Standortes. Österreich verliere an Terrain. Auch die Stagnation bei den Investitio­nen schmerze. Die Industrie, vor allem auch die kleinen und mittlerer Betriebe, litten weiter unter hohen Energiekos­ten.

Politische Reaktionen

Für Wirtschaft­sminister Martin Kocher zeigen die neuen Daten lediglich eine „vorübergeh­ende Konjunktur­delle“. Er sieht „keinen Grund zur Verunsiche­rung. Die österreich­ische Wirtschaft steht auf einem soliden Fundament.“

Die Opposition sieht das erwartungs­gemäß ganz anders. Die SPÖ spricht von einer „Bankrotter­klärung der ehemaligen Wirtschaft­spartei ÖVP“. Österreich hätte einen Kanzler, der „gegen höhere Löhne statt höhere Preise kämpft“. Für die FPÖ habe die Bundesregi­erung „unseren Wohlstand vernichtet“. NEOS-Chefin Beate MeinlReisi­nger meinte zu den neuen Wirtschaft­sdaten, es bedürfe nun kreativer Lösungen für die Lohnabschl­üsse im Herbst – und einer Senkung der Lohnnebenk­osten.

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WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, IHS-Direktor Holger Bonin (re.)

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