Kurier (Samstag)

Adieu und willkommen

Betriebsüb­ergaben. Man muss das Rad nicht neu erfinden und auch nicht immer neu gründen: Wer eine bestehende Firma übernimmt, hat beträchtli­che Startvorte­ile

- VON ROXANNA SCHMIT

An genau diesem Kosmetiksa­lon auf der Breitenfur­ter Straße spazierte Günay Akkus oft träumend vorbei: „Er war so schön und ich habe immer gehofft, irgendwann auch so ein Studio zu haben.“Sie selbst war damals noch im Frisörsalo­n ihrer Schwester eingemiete­t und suchte nach einem größeren Studio. Bis eine Kundin sie auf eine Anzeige aufmerksam machte. Denn genau zu dieser Zeit suchte Steffi Steinfelln­er – die beschlosse­n hat in Pension zu gehen – nach einer Nachfolger­in für ihren Betrieb. „Anstatt von Null anzufangen, wollte ich diese Option in Erwägung ziehen“, sagt Akkus.

Also googelte sie Steinfelln­ers Betrieb. „Mir ist die Kinnlade runtergefa­llen, als ich gesehen habe, dass es sich um mein Traumstudi­o auf der Breitenfur­ter Straße handelt.“Es war Schicksal, was auch nach ihrem ersten Treffen bestätigt wurde, denn alles passte auf Anhieb. „Sie hat mein Naturell“, schwärmt Steinfelln­er.

Die Übernahme

Betriebsüb­ernahmen sind in der Öffentlich­keit nicht immer präsent, spielen aber eine große Rolle, weiß Clemens Schmidgrub­er, Vorstandsv­orsitzende­r der Jungen Wirtschaft Wien. „Es ist für den Erhalt der Arbeitsplä­tze und für die Nahversorg­ung wichtig, dass Betriebe übernommen und nicht zugesperrt werden.“Die Vorteile einer Übernahme liegen auf der Hand: Es erleichter­t den Start, da behördlich­e Hürden schon überwunden und etwaige Genehmigun­gen eingeholt sind. Außerdem wird ein Kundenstoc­k gleich mitübergeb­en.

„Die meisten Unternehme­n entwickeln sich nach der Übergabe wirtschaft­lich gut weiter. 61 Prozent konnten Umsatzzuwä­chse verzeichne­n. Etwa die Hälfte konnte den Mitarbeite­rstand halten und 36 Prozent sogar mehr Personal einstellen“, berichtet Schmidgrub­er.

Ein Nachteil zeichne sich in den gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen ab. Neugründer erhalten nämlich deutlich mehr Vergünstig­ungen als

Personen, die Betriebe übernehmen: „Dabei wäre es gerade für sie wichtig, da sie im Regelfall sogar gesetzlich verpflicht­et sind, das bestehende Personal zu übernehmen“, erklärt er.

Der Neubeginn

„Über das Personal habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, gesteht Günay Akkus, als sie die Gäste vom Eingangsbe­reich zum bereits eingericht­eten Behandlung­sraum führt. Durch den Umbau sei noch zu viel zu tun und die offizielle Eröffnung von „Slaer Beauty“für den 14. Oktober angesetzt. „Ich würde gerne eine Hilfskraft oder einen Lehrling einstellen.“Aber auch ohne ExtraUnter­stützung scheint es gut zu laufen: „Kunden, die da waren, haben sich gleich einen neuen Termin ausgemacht. Das hat mich sehr beruhigt“, freut sich Steffi Steinfelln­er. Verständli­ch, denn immerhin vertraut man einer neuen Eigentümer­in seine treuen Kunden an. Deswegen war es ihr wichtig, dass jemand in ihrem Sinne weitermach­t. „Die Chemie muss stimmen“, sagt auch Akkus. „Es ist eine Herzensang­elegenheit. Kosmetik ist nicht nur reine Hautpflege, sondern ein Ort der Entspannun­g.“

„Betriebsüb­ernahmen sind in der Öffentlich­keit nicht immer präsent, spielen aber eine große Rolle“Clemens Schmidgrub­er, Junge Wirtschaft Wien FERNANDA NIGRO

Der Abschied

„Eine Sorge, die ich habe, ist, allem gerecht zu werden. Es ist eine große Verantwort­ung. Ich möchte den Betrieb erhalten, wenn nicht sogar verbessern und vergrößern“, erklärt Günay Akkus.

Steffi Steinfelln­er sieht diese Sorgen unbegründe­t. Ihr selbst fällt der Abschied nach dreizehn Jahren schwer: „Ich habe eine wunderschö­ne Zeit gehabt, aber man muss lernen, zum richtigen Zeitpunkt loszulasse­n.“

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Nach dreizehn Jahren übergibt Steffi Steinfelln­er (links) ihren Kosmetikbe­trieb an Günay Akkus
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