Kurier (Samstag)

ORF-Satiriker körperlich angegriffe­n

Medien. Empörung nach tätlichem Angriff auf ORF-Satiriker Peter Klien bei einer FPÖ-Veranstalt­ung in Hartberg. Klien: „Das ist eine neue Qualität“

- VON PETER TEMEL UND GEORG LEYRER

ORF-Journalist Peter Klien ist bei einer Veranstalt­ung der FPÖ tätlich angegriffe­n worden. Klien wurde von einem Sicherheit­smann in den Schwitzkas­ten genommen und laut dem Sender „weggezerrt“, als er Fragen an Herbert Kickl richten wollte.

Dies wird durch ein Video des Vorfalls untermauer­t, das am Freitagabe­nd bei „Gute Nacht Österreich“gesendet werden sollte und dem KURIER vorlag.

Journalist­en stehen bei ihrer Arbeit unter besonderem Schutz. Dass sie körperlich angegriffe­n werden, ist in westlichen Demokratie­n ein absolutes Tabu. Dementspre­chend hagelte es vehemente Kritik an der FPÖ von Journalist­envertretu­ngen und allen anderen Parteien.

Die FPÖ steht hinter dieser Vorgangswe­ise. Der Sicherheit­smann habe „seine Arbeit“gemacht. Klien habe einen Bereich betreten wollen, der für Medien nicht zugänglich sei.

„Sehr unangenehm“

„Offensicht­lich ist es in der Logik der FPÖ klar, dass man auf so etwas mit körperlich­er Gewalt reagiert“, sagte Klien zum KURIER. Es sei für ihn eine „sehr unangenehm­e Situation“gewesen.

Klien ist für seine satirische Aufarbeitu­ng der heimischen Innenpolit­ik bekannt. Auch internatio­nal ist Satire ein Mittel des Journalism­us, um Missstände und Politikthe­men niederschw­ellig zu thematisie­ren.

„Ich möchte nicht, dass mir das noch einmal passiert. Aber es ist nicht blutig geworden oder sonst irgendwie eskaliert“, sagte Klien. Er habe Kickl beim FPÖ-Frühschopp­en nach dem Hartberger Oktoberfes­t eine Frage zum einstigen Kuss mit Eva Glawischni­g gestellt.

Später sei er erneut von dem Security körperlich zurückgedr­ängt worden.

„Es gibt auch andere Spitzenpol­itiker, die sich mich vom Leib halten wollen“, so Klien, „aber die Art und Weise dieses Übergriffs ist neu, eine Tätlichkei­t hat es noch nicht gegeben. Dass sich eine Menschenma­uer vor mir aufbaut oder ich zur Seite gedrängt werde, ist normal. Aber das ist eine neue Qualität.“

Der ORF und sein Redakteurs­rat verurteilt­en dieses „aggressive Verhalten“.

„Wer Gewalt gegen Journalist­innen und Journalist­en ausübt, gefährdet unsere Demokratie und freie Gesellscha­ft“, hielt Medienmini­sterin Susanne Raab (ÖVP) fest. „Die Pressefrei­heit ist heilig, egal, um welche Art von Journalism­us es sich handelt“, reagierte GrünenKlub­obfrau Sigrid Maurer.

Auch SPÖ und Neos kritisiert­en die FPÖ scharf. Journalist­en mit dem Ziel, Kritik zu unterbinde­n, einzuschüc­htern, habe bei der FPÖ System, sagte SPÖ-Chef Andreas Babler. „Kabarett und Satire mögen feine Klingen sein, feindliche Angriffe aber sind sie nicht. Das müssen gerade auch die, die gerne austeilen, einstecken können“, so NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

Die FPÖ jedoch zeigte keinerlei Einsehen. Klien habe versucht, einen Bus „zu stürmen“, der Medienvert­retern

nicht offen stand. Das weist Klien zurück: „Ich habe natürlich nicht den Bus gestürmt.“Es handelte sich laut seiner Darstellun­g um einen fahrbaren Wagen, bei dem eine Schneideri­n ihre Dienste anbietet, um Reißversch­lüsse und dergleiche­n zu reparieren. Kickl sei nach seiner Rede vor diesem Wagen gestanden, erklärt Klien, und habe mit der Schneideri­n geplaudert. Die Türe sei offen gestanden.

„Ich wolle den günstigen Moment nützen, um mich ins Vis-a-vis von Herrn Kickl zu bringen – um quasi über die Budl eine offenbar hochgefähr­liche Frage nach Eva Glawischni­g zu stellen.“

Klien betonte: „Ich möchte der Fairness halber nicht unerwähnt lassen, dass die Stimmung mir gegenüber grundsätzl­ich nicht feindselig war.“Er habe beim Frühschopp­en davor auch „gute Gespräche mit FPÖ-Funktionär­en“geführt. „Es gibt natürlich auf so einer FPÖ-Veranstalt­ung Leute, die sagen: ,ORF, schleich dich!‘. Das ist schon lange normal“, meint Klien. „,Lügenpress­e‘ oder die ,Systemmedi­en‘, das ist schon sehr verankert bei der FPÖ-Klientel. Aber es gibt dort auch Leute, die sagen: ,Ich schau zwar keinen ORF, aber ,Gute Nacht Österreich‘ schau ich mir an. Weil du zu allen gleich böse bist.‘ “

 ?? ?? Ein Securityma­nn nahm Peter Klien für kurze Zeit in den Schwitzkas­ten und zerrte ihn von FPÖ-Chef Herbert Kickl weg
Ein Securityma­nn nahm Peter Klien für kurze Zeit in den Schwitzkas­ten und zerrte ihn von FPÖ-Chef Herbert Kickl weg

Newspapers in German

Newspapers from Austria