Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea Kaiser vea.kaiser@kurier.at

An meine eigene Kindergart­enzeit habe ich wenig schöne Erinnerung­en, was sicherlich an meiner bereits mit fünf Jahren ausgeprägt­en Exzentrik lag, aber auch am damaligen System. Am ersten Tag wurden wir abgegeben und fortan uns selbst überlassen. Was in meinem Fall bedeutete, dem Mobbing anderer Mädchen ausgeliefe­rt zu sein. Als mein Sohn seine Kindergart­enlaufbahn begann, lernte ich, dass Kindergart­en auch anders funktionie­ren kann bzw. heute anders funktionie­rt.

Viel Zeit wurde veranschla­gt, damit er sich eingewöhne­n konnte, wobei man sich rührend um ihn kümmerte, damit er von Tag 1 an positive Erlebnisse hatte. Was wir seither erleben, ist nicht Fremdbetre­uung, sondern liebevolle Frühförder­ung. Die Mitarbeite­rinnen seines Kindergart­ens reißen sich tagtäglich einen Haxen aus, um die individuel­len Bedürfniss­e aller Kinder zu berücksich­tigen. Mein Sohn freut sich morgens auf seine Freunde, neue Impulse,

| bekannte Rituale und Spiel. Ihn gut aufgehoben zu wissen, ermöglicht seinen Eltern, ihren Berufen nachzugehe­n, Steuern zu zahlen und/oder im Falle meines Mannes (Urologe) Menschen zu helfen. Literatur ist auch gesundheit­sförderlic­h, aber ich lass’ meinen Größenwahn heute in der Tasche, weil es mir um etwas Wichtiges geht: Wer sich für die Arbeit im Kindergart­en entscheide­t, verdient beschämend wenig, obwohl der Job körperlich, geistig und auch seelisch sehr belastend ist, wird er so gut ausgeübt wie im Kindergart­en meines Sohnes. Wer in der Elementarp­ädagogik arbeitet, tut dies, weil sie oder ihn das Herz dazu antreibt, sich um andere zu kümmern. Und wenn wir als Gesellscha­ft ein Herz haben, dann kümmern wir uns um die Elementarp­ädagogik. Geht es dem Kindergart­en gut, geht es den Kindern gut, geht es den Eltern gut, geht es der Gesellscha­ft gut – und dann sieht es gut aus für die Zukunft dieses Landes.

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