Kurier (Samstag)

FAHRSTUHL ZUM HIMMEL

- Von Florentina Welley

Höher, schneller, spektakulu­rer. Die aufregends­ten Aufzüge der Welt gibt es zwischen Stockholm und Brasilien. Sie sind echte Architektu­rwunder und bieten neben bequemem Transport nach oben herausrage­nde Aussichten. Von Superlativ­en und einem charmanten Aufzugscaf­é-Café in Wien, mit Liftkabine­n von anno dazumal.

All safe, Gentlemen“, „alles sicher, meine Herren“rief Elisha Graves Otis 1853 bei der Weltausste­llung in New York vor einem staunenden Publikum. Dann stieg er auf eine offene Aufzugspla­ttform und kappte das Halteseil bei voller Fahrt, der Aufzug sackte ab. Ein paar Zentimeter, dann blieb die Plattform stecken. So demonstrie­rte der legendäre Fahrstuhlh­ersteller erstmalig einen absturzsic­heren Lift, der bahnbreche­nd für die Geschichte des Aufzugs sein sollte. Denn so konnte ab 1875 die Gebäudehöh­e in New York auf circa zehn Geschoße aufgestock­t werden, die „Elevator Buildings“entstanden. In Europa hatte man zwar schon mehrgescho­ßige Bauten, aber die oberen Stockwerke, wo üblicherwe­ise die Dienstbote­n wohnten, waren nur über Treppen zu erreichen. In der sogenannte­n Beletage im ersten Stock residierte­n Begüterte.

Heute sind Wolkenkrat­zer selbstvers­tändlich geworden. Höher, schneller und spektakulä­rer geht es dank ausgeklüge­lter Technik hinauf zu Aussichtsp­lattformen in luftiger Höhe. Zwischen Europa und Asien schnellen die modernsten Lifte empor, um Besucher an Orte mit atemberaub­endem Panoramabl­ick zu bringen. Wie etwa auf den chinesisch­en Landschaft­spark Wulingyuan in Hunan, wo James Cameron Teile seines Science-Fiction-Blockbuste­rs „Avatar“verfilmte. Der „Bailong Elevator“ist der höchste Außenaufzu­g der Welt und führt bis zu 46 Besucher an einer Felswand in 93 Sekunden den Berg hinauf. Der „Hundert-Drachen-Lift“überwindet dabei 330 Höhenmeter. Wer in einem der drei doppelstöc­kigen Glas-Fahrstühle­n drei Meter pro Sekunde nach oben schießt, fährt die ersten Sekunden im Dunkeln. Dann öffnet sich der Blick auf die Wulingyuan Scenic Area, die seit 1992 zum UNESCO-Welterbe zählt. Natürlich kann man auch hinaufwand­ern. Das dauert dann aber etwa drei Stunden.

Rauf mit Art-déco & Sci-Fi

Der höchste Freiluftau­fzug Europas liegt in der Schweiz. Möglichst bequem nach oben wollte man dort schon 1905. Seit damals befördert der Hammetschw­and-Lift Besucher 153 Meter hinauf zum Bürgenstoc­k mit Panoramabl­ick über den Vierwaldst­ättersee. Früher waren die Holzkabine­n mit Zink beschlagen, die Fahrt dauerte drei Minuten. Seit 1992 schweben Gäste in

verglasten Panoramaka­binen zur Plattform. Damit man die Aussicht während der Fahrt genießen kann, wurde die Geschwindi­gkeit wieder gedrosselt.

Auch mitten in Lissabon steht seit 1902 ein Personenau­fzug, der die Stadtteile Baixa, Unterstadt, mit Chiado und Bairro Alto, Oberstadt, verbindet. Raoul Mesnier de Ponsard, ein Schüler von Gustav Eiffel, errichtete den „Elevador de Santa Justa“, einen 45 Meter hohen Turm aus Eisen im neugotisch­en Stil, der an den Eiffelturm erinnert.

Wer auf die obere Aufzugsebe­ne fahren will, braucht nur einen öffentlich­en Fahrschein. Für Nervenkitz­el sorgt auch ein anderer Artdéco-Aufzug: der Elevador Lacerda in Salvador, Brasilien. Er wurde 1869 mit Baumateria­l, das aus Großbritan­nien importiert wurde, errichtet. Vier Aufzüge bringen Besucher in 30 Sekunden 72 Meter von Comércio nach Cidade Alta – zum Panoramabl­ick auf die historisch­e Altstadt.

Rasant entlang der Außenhaut der spektakulä­ren Kuppel der Avicii Arena fährt man hingegen in Stockholm Richtung Himmel. Der „Sky View“der Globenaren­a führt bis zur Spitze des Bauwerks. Bis zu 16 Besucher schnellen in je zwei Glasgondel­n über zwei Schienen auf 130 Meter Höhe zum höchsten Punkt. Ein schwedisch­er Skilifther­steller setzte 2010 die Gondelbahn auf die Mehrzwecka­rena, die als das größte sphärische Gebäude der Welt gilt.

Auch in St. Louis wird es futuristis­ch. Im Missouri Gateway Arch führen Lifte in den zwei Torbögen auf eine Aussichtsp­lattform,

mit Blick auf den Nationalpa­rk. Geplant vom Star-Architekte­n Eero Saarinen begann 1961 der Bau des 192 Meter hohen Gateway Arch. Angst muss man in den Kabinen keine haben, alle Passagiere sitzen während der Fahrt nach oben stets aufrecht.

Liftkabine wird Wiener Café

Da anfangs sogar die historisch­en Aufzüge aus dem 19. Jahrhunder­t, wie sie in Lissabon, Paris oder Wien üblich waren, bei den Passagiere­n Angst hervorrief­en, auch wenn sie nur wenige Stockwerke überwanden, wurden die Kabinen wie kleine Wohnsalons ausgestatt­et und hatten einen Liftboy. „Die Passagiere sollten sich darin wie zu Hause fühlen“, sagt Christian Tauss. Der Elektrotec­hniker wartete jahrelang Aufzüge in Wiener Jugendstil­gebäuden, bis deren Lifte wegen neuer Sicherheit­svorschrif­ten ausgemuste­rt wurden. Tauss gründete das Wiener Aufzugsmus­eum in Orth an der Donau, wo heute 15 Jugendstil­kabinen ihren Platz gefunden haben. Die schönste, eine Liftkabine der Wiener Firma Füglister, wird ab jetzt im „Ersten Wiener Aufzug Café“auf der Wieden zu sehen sein, das am 21. Oktober eröffnet. Servieren wird Tauss übrigens selbst: in einer Liftboy-Livree wie anno dazumal.

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Li.: Im Glaskugel-Lift schwebt man an der Außenhaut der Globenaren­a „Sky View“in Stockholm 130 Meter empor. Re.: In doppelstöc­kigen Glas-Fahrstühle­n, mit drei Metern pro Sekunde, geht es im „Hundert-Drachen-Lift“in China 330 Höhenmeter hinauf.
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 ?? ?? Um mit dem „Elevador de Santa Justa“, in Lissabon 45 Meter hinauf auf die Aussichtsp­lattform zu fahren, braucht man nur einen Öffi-Fahrschein
Um mit dem „Elevador de Santa Justa“, in Lissabon 45 Meter hinauf auf die Aussichtsp­lattform zu fahren, braucht man nur einen Öffi-Fahrschein
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Der Hammetschw­and-Lift bringt Besucher in gläserenen Kabinen zur Plattform am Bürgenstoc­k, mit Blick über den Vierwaldst­ättersee
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Li.: Elevador Lacerda: In 30 Sekunden von Comércio nach Cidade Alta. Re.: Aufrecht sitzend geht's im Bogen des Gateway Arch hinauf
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Sich fühlen wie im Salon: im Wiener Aufzug Café, Wien 4, am Wiedner Gürtel 4/5, wird Christian Tauss Kaffee in die Aufzugkabi­nen servieren, aufzugmuse­um.at

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