Eine Prämie gegen das Wirtshaussterben
Niederösterreich. Tausende Gasthäuser mussten in den vergangenen Jahren für immer zusperren. Nach Tirol schnürt nun auch das größte Bundesland ein Hilfspaket. Doch die Initiative sorgt auch für Kritik
Der Boden knarzt, es gibt Holztische, eine betont zurückhaltende Deko, und im Garten steht ein uralter Nussbaum. Das „Vinzenz Pauli“in St. Pölten wirkt wie ein sehr ursprüngliches Wirtshaus, geboten wird aber gehobene Küche. Das Team legt zudem großen Wert auf Produkte aus der Region.
Das Lokal ist über die Stadtgrenzen hinaus nicht nur sehr bekannt, es ist auch ganz nach dem Geschmack von ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. „Sehr schön ist es hier“, sagt die Politikerin.
Doch der Schein trügt, denn für die österreichischen Wirte wird es immer ungemütlicher. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Gab es im Jahr 2010 landesweit noch mehr als 10.000 Wirtshäuser, so waren es 2021 nur noch 7.327. Auch Niederösterreich, das größte Bundesland, bildete da keine Ausnahme. In den vergangenen zwanzig Jahren musste im Schnitt jedes dritte Gasthaus zusperren. Von den einst 2.800 Betrieben sind 1.819 übrig geblieben. „Besonders in den ländlichen Regionen ist die Situation eine äußert schwierige“, berichtet Wirtesprecher Mario Pulker von der Wirtschaftskammer (siehe Interview).
Die Teuerung und die derzeit hohen Energiepreise würden zusätzlich für eine verschärfte Situation sorgen, warnt Pulker. Zudem stehen 30 Prozent der Betriebe in den nächsten Jahren vor einer Übernahme.
„Schnitzel-Prämie“
Die Politik schnürt finanzielle Hilfspakete. Nach Tirol (siehe Zusatz) hat nun auch Niederösterreich eine WirtshausPrämie präsentiert. Aber nicht alle Betriebe können davon profitieren, manche werden auch durch die Finger schauen. Der Grund: Der Fokus liegt nicht nur auf ganzjährigen Öffnungszeiten, sondern eben auch auf einem „regionalen Speisen- und Getränkeangebot“sowie einer „engen Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten und Produzenten“. „Würstel- und Kebabstände sind hier ausgenommen“, erklärte MiklLeitner am Freitag.
Es sei „grotesk“, was sich deswegen in der „TwitteriaBlase“abgespielt habe, zeigte sich die ÖVP-Politikerin verärgert, weil manche die Maßnahme als „Schnitzel-Prämie“bezeichnet hatten. Tatsächlich sei das Wirtshauspaket „eins zu eins“mit jenem in Tirol vergleichbar, betonte MiklLeitner. Dort würden etwa auch die Grünen die Maßnahmen unterstützen, so die Landeshauptfrau.
Förderungen
Das niederösterreichische Paket beinhaltet drei Förderschienen. Für einen Betrieb können in Summe bis zu 100.000 Euro an Unterstützung bereitgestellt werden.
Der größte Anteil davon entfällt auf die Gründungs- und Übernahmeförderung, die fortgeführt wird. Vorgesehen ist hier ein Zuschuss von bis zu zehn Prozent der Investitionen bzw. maximal 50.000 Euro.
Die Förderung für Investitionen in Gasthäuser und Hotels – vom Mobiliar bis zum Gastgarten – wird auf bis zu 40.000 Euro vervierfacht. Der Zuschuss beträgt hier maximal 20 Prozent der Investitionssumme. Für die Übernahme oder Neueröffnung eines Gasthauses gibt es 10.000 Euro.
Die Prämie kann außerdem nur in Gemeinden mit gefährdeter Verpflegungssituation
in Anspruch genommen werden. Anträge sind ab 1. Jänner 2024 möglich und werden von der Fachabteilung des Landes im Einzelfall geprüft.
Das heißt aber auch, dass beispielsweise die letzte im Ort verbliebe Pizzeria in den Genuss einer finanziellen Hilfe kommen kann – allerdings nur, wenn auch Wert auf Regionalität gelegt wird.
Landbauer bezeichnete das Paket als wichtigen Bestandteil des ÖVP-FPÖArbeitsübereinkommens. Die Freiheitlichen hatten bereits 2019 im Rahmen eines SechsPunkte-Plans eine Wirtshausprämie und eine Übernahmeförderung verlangt.
„Gasthäuser gehören zu Niederösterreich wie das Erdäpfelpüree zum Fleischlaiberl oder die Marille zur Wachau“Johanna Mikl-Leitner ÖVP-Landeshauptfrau