SPÖ-Parteitag: Brisante Anträge aus Wien zum Thema Staatsbürgerschaft
Forderung nach liberaleren Regeln dürfte aber kein Gehör finden. Wiener könnten Abstimmung zur Parteichef-Direktwahl freigeben
Tagung. Wenn am 11. und 12. November in Graz der SPÖParteitag stattfindet, wird das alles andere als ein Schaulaufen für den neuen Parteichef Andreas Babler. Argwohn und Nervosität machen sich im Vorfeld breit, alte Flügelkämpfe flammen wieder auf. Nur so ist es zu erklären, dass drei brisante Anträge zum Thema Integration an die Öffentlichkeit gelangen, die noch nicht einmal die Antragskommission passiert haben.
Sie liegen dem KURIER vor. Zwei stammen von der am linken Parteiflügel angesiedelten Bezirkspartei WienAlsergrund. Im ersten tritt sie dafür ein, dass die Staatsbürgerschaft in Folge von Straftaten nicht aberkannt wird, was zuletzt immer wieder gefordert wurde. Ein solches Vorgehen würde eine zweite Klasse von Staatsbürgern schaffen. Im zweiten Antrag fordert sie das Recht auf Staatsbürgerschaft für Minderjährige, die in Österreich aufwachsen, unabhängig davon, ob die Eltern eine solche beantragen wollen oder können.
Ein dritter Antrag kommt von der Wiener Landespartei. Darin wird unter anderem ein sofortiger Stopp aller Abschiebungen nach Afghanistan gefordert.
Das Brisante daran: Die Anträge liegen zwar auf der Linie, die Babler in der Integrationspolitik verfolgt. Allerdings ist nach wie vor das rote Positionspapier zu diesem Thema gültig, das einst die
Landeschefs Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser ausgearbeitet haben. Und das enthält weit strengere Positionen, etwa beim Thema Abschiebungen.
Dass die Anträge am Parteitag abgesegnet werden, ist aber nach jetzigem Stand unwahrscheinlich. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Antragskommission deren Annahme empfehlen wird“, sagt
Julia Herr, Leiterin der Kommission. Die Inhalte würden weit über die bestehende Beschlusslage der SPÖ zu diesen Themen hinausgehen, deshalb brauche es dazu noch eine weitere interne Diskussion. Zudem würden die inhaltlichen Schwerpunkte bei diesem Parteitag woanders liegen, allen voran beim Thema Teuerung.
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Für Spannung sorgt auch die Statutenreform, die am Parteitag beschlossen werden soll. Sie wurde von Babler angestoßen, der eine Direktwahl des Vorsitzenden und eine Urabstimmung über allfällige Koalitionspakte will.
Seit Monaten wird in den Gremien zäh gerungen. Wie berichtet, ist vor allem die
Wiener Parteispitze strikt gegen mehr interne Demokratie. Gegen den Willen der Parteiführung sind auch hier schon Details durchgesickert, ehe die Verhandlungen noch abgeschlossen sind. Demnach müssen etwa 1.500 Genossen (das entspricht einem Prozent) einen Kandidaten für den Bundesvorsitz unterstützen, damit es zu einem Mitgliederentscheid kommt. Ansonsten steht automatisch der amtierende Vorsitzende zur Wahl am Parteitag.
Die nötige Unterstützung von 1.500 Mitgliedern sei nur scheinbar eine hohe Hürde und keineswegs als Einknicken Bablers zu verstehen, argumentiert man in der Partei. In der Steiermark, wo es die Direktwahl bereits gibt, müssen 900 Unterstützungserklärungen gesammelt werden. Das entspricht sogar fünf Prozent der Mitglieder.
Vorerst nicht ermöglicht wird jedoch das Abstimmen über Koalitionsverträge.
Die Wiener SPÖ, die sich bis zuletzt gegen die Reform gewehrt hat, soll laut KURIER-Informationen ihren Delegierten am Parteitag die Abstimmung dazu freigeben. Damit ist man seitens der Bundespartei zuversichtlich, die nötige Zweidrittelmehrheit zu erhalten. Denn auch viele Wiener würden sich mehr Mitbestimmung wünschen. In der Wiener SPÖ bestätigt man die Freigabe nicht. Entsprechende Beschlüsse seien noch ausständig.