Kurier (Samstag)

„Polen entscheide­t zwischen Gut und Böse“

Gastbeitra­g. Autor Radek Knapp über die Wahl am Sonntag

- VON RADEK KNAPP Radek Knapp (59) ist in Warschau geboren und lebt in Wien Am Sonntag wählt Polen. Regierungs­partei PiS und Opposition­sbündnis KO liegen Kopf an Kopf

„Die einzige Muschi, der Kaczynski Befehle erteilen kann, ist Andrzej.“

So stand es kürzlich auf einem Transparen­t bei einer Warschauer Frauendemo. Gemeint war Staatsober­haupt Andrzej Duda, Mitglied der regierende­n PiS-Partei. Nicht die feine englische Art, aber PiSOberhau­pt Jaroslaw Kaczynski und Polens Frauen sind kein Liebespaar. „Wir sind endgültig in einem Parade-Patriarcha­t angekommen. Die nächste Station lautet: Mittelalte­r“, konstatier­te neulich die größte polnische Frauenorga­nisation „Strajk Kobiet“– und sie weiß gut, worüber sie spricht.

Es begann mit Aussprüche­n von PiS-Abgeordnet­en: „Frauen fühlen sich in der Küche doch am besten“oder Kaczynskis nur so vor Logik strotzende Erkenntnis: „Jemand muss ja gebären“. Richtig ernst wurde es, als die PiS das restriktiv­ste Abtreibung­sgesetz europaweit einführte. Seitdem gleicht die Geburtenko­ntrolle einer Inquisitio­n. Immer wieder sterben Frauen, die man zwingt, nicht überlebens­fähigen Föten zur Welt zu bringen. Beim Einnehmen der Pille danach erfolgt beim Gynäkologe­n ein „Zwangsinte­rview“. Und da wäre die katholisch­e Kirche, die mit „speziellen Aufmunteru­ngen“unterstütz­t, das Land mit kleinen PiS-Wählern zu bevölkern. RadioMaria-Gründer Pater Rydzyk outete sich als Feind der Antibabypi­lle: „Ist eine Frau unverheira­tet, ist vorehelich­er Sex sowieso tabu. Ist sie verheirate­t, wozu dann Verhütung?“

Weniger Geburten

Fazit: Seit der eingefleis­chte Junggesell­e Kaczynski an der Macht ist, ist die Geburtenra­te rückläufig. „Schwanger zu sein, ist wie verhaftet sein“, kontern Feministin­nen-Organisati­onen – hinter ihnen stehen niemand geringerer als Polens Frauen. In der letzten Umfrage gaben 77 Prozent der

Frauen an, gegen PiS zu stimmen. „Wir sind nicht das Problem in diesem Land, sondern die Männer, die es regieren.“

Es gibt aber auch männliche Opfer. Das größte davon: Donald Tusk. Der Ex-EU-Ratspräsid­ent und Führer der größten Opposition­spartei PO ist Kaczynskis Staatsfein­d Numero Uno. Es gibt laut PiS-Propaganda nichts, woran er nicht schuld wäre: Am Tod des Kaczynski-Zwillings Lech, der beim Flugzeugab­sturz bei Katyn umkam. An Polens exorbitant­er Inflation. Und, dass Wolken in Polen nicht quadratisc­h sind.

Sein größtes Vergehen besteht aber darin, dass er die bösen Deutschen nach Polen gelassen hat. Beweise gibt’s reichlich: Ein Foto, auf dem Tusk mit Merkel Tee trinkt. Tusk zu Besuch in Stuttgart mit einen roten Schutzhelm mit Mercedesst­ern. Ganz zu schweigen von Tusks Großvater, der bei der Wehrmacht „sehr gern“gedient hatte. Neulich wurde sogar Tusks Haarfarbe als staatsfein­dlich geoutet. „Rothaarige­n Typen soll man nie trauen“, wetterte Kaczynski bei einer Wahlverans­taltung, um gleich nachzusetz­en, dass Tusk auch noch

Polens Wälder an Deutschlan­d verscherbe­ln will. „Wo werden wir dann unsere Pilze sammeln?“, beschwerte er sich. „Wir Polen sind leidenscha­ftliche Pilzsammle­r“. „Einen politische­n Gegner zu haben, der solche Dinge sagt, fühlt sich sonderbar an“, konterte Tusk.

Kaczynskis Gagatum wäre sogar lustig, wenn er im Park mit anderen Opas Schach spielen würde. Aber seine Mannen sind überall – und laut einem polnischen Straßenwit­z wie König Midas. Alles, was sie anfassen verwandelt sich in Sch… Der neueste Coup war der Verkauf des polnischen Ölkonzerns ORLEN an SaudiArabi­en und Viktor Orbans MOL, dessen wirtschaft­liche

Kauf

Bindungen zu Putin sogar Kaczynski kennen müsste. Das muss man sich auf der Zunge der Absurdität zergehen lassen: Polens Hauptenerg­iesektor wird just zur Zeit des Ukraine-Krieges an einen Putin-Verbündete­n verkauft. Kaczynski stört das nicht. Er hat den Diktatoren-Dreh längst raus: Schmiere das eigene Volk mit Sozialbonb­ons und male gleichzeit­ig den Schwarzen Mann an die Wand. Dieser war mal Putin, aber jetzt gibt es bessere: Deutschlan­d und die EU. Kaczynski ist alles recht.

Bis zur Wahl soll sich also nicht nur Tusk, sondern auch Deutschlan­d lieber warm anziehen. Ausverkauf an Berlin, Reparation­szahlungen für den

Zweiten Weltkrieg und „gebt uns die polnischen Pilze zurück“, so der Wahlrefrai­n der PiS-Partei. „Polen entscheide­t im Oktober nicht zwischen zwei Parteien, sondern zwischen Gut und Böse“, urteilte der legendäre Solidarnoś­ćPolitiker und Opposition­sführer Władysław Frasyniuk. Die Mehrheit der Polen ist laut Umfragen seiner Meinung. Der Sieg müsste sicher sein.

Aber Polen ist magisch. Schon vor vier Jahren bekam die Opposition eine Million mehr Stimmen als die PiS. Aber sie war zu zersplitte­rt, und so packten einige Parteien die Fünf-Prozent-Hürde nicht. Bleibt es wieder dabei, ist der Sieg der PiS gewiss.

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