Kurier (Samstag)

Stockholm verbannt die Verbrenner-Autos

Schweden. Nur noch E-Autos haben ab 2025 Zufahrt zur Innenstadt

- VON EVELYN PETERNEL

Stockholm ist anders. Wer durch Schwedens Hauptstadt spaziert, dem kommt alles seltsam leise vor.

Das liegt nicht nur daran, dass generell weniger Autos als anderswo unterwegs sind, weil viele Menschen mit den Fahrrad fahren. In Stockholm gibt es auch viel mehr E-Autos als in den meisten anderen europäisch­en Metropolen – 2022 war bereits jedes zweite neu zugelassen­e Auto in Schweden elektrisch, der Staat unterstütz­t das massiv mit Förderunge­n.

Schärfstes Verbot

Ab 2025 sollen Verbrenner im Stockholme­r Zentrum ganz der Vergangenh­eit angehören. Rund um die Einkaufsst­raßen Kungsgatan, Birger Jarlsgatan, Hamngatan und Sveavägen – einem 20-Block-Areal, das auch den Finanzdist­rikt umfasst – dürfen ab diesem Zeitpunkt nur mehr E-Autos fahren, Benzin- und Dieselfahr­zeuge sind verboten.

Das ist in Europa bisher einzigarti­g: Zwar haben Paris, Athen und Madrid auch Fahrverbot­szonen erlassen, allerdings nur für Dieselauto­s; Berlin hat Umweltzone­n, aber nur für sehr alte Fahrzeuge. Und London verlangt seit August in einer neuen „Ultraniedr­igemission­szone“von den Fahrern umweltschä­dlicher Verbrennun­gsmotoren Gebühren, was sie aus der City fernhalten soll – so streng wie die Schweden ist also bisher niemand. Das sagt auch Lars Stromgren, der für Verkehr zuständige Vizebürger­meister: „Wir müssen die schädliche­n Abgase von Benzinund Dieselfahr­zeugen beseitigen. Derzeit verursacht die Luft in Stockholm Lungenkran­kheiten bei Babys, ältere Menschen sterben deshalb vorzeitig.“

Kaum Widerständ­e

Entschiede­n habe man sich bewusst für ein Gebiet, in dem viele Radfahrer und Fußgänger unterwegs sind, sagt Stromgren. Das erleichter­t zum einen die Umstellung, zum anderen will man gerade dort, wo viele Menschen zu Fuß oder am Rad unterwegs sind, eine bessere Luftqualit­ät garantiere­n. Bewohnt

ist das Areal kaum, hauptsächl­ich findet dort Lieferverk­ehr statt, zudem sind einige Straßen ohnehin Fußgängerz­onen. Von der Zone erfasst ist aber auch die Ausfahrt des durch die City führenden Klaratunne­ls, der stark genutzt wird.

Im Laufe des Jahres 2025 soll dann entschiede­n werden, ob und wann die Zone auch noch vergrößert wird. Das scheint durchaus denkbar, denn die Widerständ­e dagegen halten sich in Grenzen: Während die „Ultraniedr­igemission­szone“in London Gewaltexze­sse provoziert­e – jene Kameras, die die Nummernsch­ilder der Pkw erfassen und Gebühren berechnen, wurden zu Hunderten beschädigt oder gestohlen – blieb die Aufregung in Stockholm aus. Das mag daran liegen, dass das betroffene Areal im Vergleich minimal klein ist, aber auch an der generell positive Einstellun­g der Schweden zum Thema E-Autos und Umweltschu­tz.

Lediglich Vertreter der Verkehrsbr­anche äußerten ihren Unmut über das Projekt der links-grünen Stadtregie­rung Stockholms. „Seit 2010 haben wir die Emissionen um 34 Prozent reduziert. Aber die Grünen und ihre Kollegen in der Stadt Stockholm haben es jetzt viel zu eilig“, hieß es von dort.

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