Kurier (Samstag)

Studie: 28.000 Österreich­er dank „Der Tafel“mit Lebensmitt­eln versorgt

Eine Studie der Wirtschaft­suniversit­ät Wien verdeutlic­ht den positiven Beitrag des Sozialvere­ins „Die Tafel“zur Armutsbekä­mpfung

- Spenden A. STROBL

II. Geht sich eine warme Mahlzeit heute aus? Oder muss es zum Monatsende eher Toast mit Marmelade sein? Diese Fragen stellen sich mehr Menschen, als man ahnen könnte: Aktuell sind 17,5 Prozent der Österreich­er von Armut oder sozialer Ausgrenzun­g bedroht. Das entspricht über 1,5 Millionen Menschen. Ein wichtiger Akteur im Kampf gegen Armut ist der Sozialvere­in „Die Tafel Österreich“.

Dieser hat nun gemeinsam mit dem Kompetenzz­entrum für Nonprofit-Organisati­onen der WU Wien untersucht, welche Rolle die Organisati­on für Österreich spielt.

Seit über zwei Jahrzehnte­n beliefert sie rund 100 soziale Einrichtun­gen im Land mit geretteten Lebensmitt­eln. Aber trägt „Die Tafel“wirklich dazu bei, Menschen aus der Armut zu helfen?

Die Studie fand dafür ein klares „Ja“. Mehr als 28.000 Österreich­er konnten über die kostenlose Vermittlun­g im Vorjahr versorgt werden. Die Studie verdeutlic­ht, dass die Leistung des Sozialvere­ins über eine bloße Mahlzeit hinausgeht. Ist eine Person erst einmal satt – das Grundbedür­fnis also gestillt –, könne sie sich leichter anderen gravierend­en Problemen, wie Obdachlosi­gkeit oder Arbeitslos­igkeit, zuwenden. Die Nähe zu anderen Betroffene­n würde außerdem dazu beitragen, die Stigmatisi­erung rund um die Sozialhilf­e abzubauen.

Mehr Mut für Beratung

Gemeinsame­s Kochen und Essen würde außerdem den Grundstein legen, weitere Beratungsa­ngebote in Anspruch zu nehmen. Die Einladung zu einer Mahlzeit sei ein Türöffner zur weiteren Problembew­ältigung, so Constanze Grünhaus, Co-Autorin der Studie.Es sei für Betroffene zudem einfacher, sich mit Bekannten gemeinsam zum Essen in einer Einrichtun­g zu verabreden, als mit dem Gedanken hinzugehen, Hilfe zu brauchen. „Das ist weniger stigmatisi­erend und baut innerliche Hürden ab“, so Grünhaus. „Viele sind nicht bereit für Beratung. Es kann Monate dauern, bis es so weit ist“, fügt Wilhelm Raber, Geschäftsf­ührung der Stadtdiako­nie Wien hinzu.

Gesünderes Angebot

Auch die Qualität des Essensange­bots wird durch „Die Tafel“verbessert. Gesunde Ernährung könne sich selten jemand an der Armutsgren­ze leisten, sagt Alexandra Gruber, Geschäftsf­ührerin der Tafel Österreich.

Das Tafelangeb­ot sorge dafür, dass vielfältig­er und gesünder gekocht werden kann – in Einrichtun­gen oder zu Hause. Hinzukommt der „Faktor Freude“: Lebensmitt­el, die sonst nicht gekauft werden können, werden durch „Die Tafel„ vermittelt. „Wenn es mal Lachs gibt, freuen sich viele. Das kann man nicht in Geldwert messen“, sagt Raber. Niemand stelle sich freiwillig in die Schlange der Essenausga­be, so Markus Hollendohn­er vom Fonds Soziales Wien. Armut verfestige Armut, nicht das Serviceang­ebot „der Tafel“, entgegnet er Kritikern der sozialen Organisati­on.

Der umstritten­e Sager von Kanzler Karl Nehammer(ÖVP) über billiges FastfoodEs­sen stößt allen Beteiligte­n des Pressegesp­rächs sauer auf. „Das ist unpassend. Die Zahl der Armut ist nicht wegzudisku­tieren“, entgegnet Gruber. „Die Tafel Österreich“wurde laut ihr allein im Vorjahr von 40 Prozent mehr Menschen in Anspruch genommen als zuvor.

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