Kurier (Samstag)

Der Hunde-Spießruten­lauf

Oberösterr­eich. Große Teile des Wasserwald­s in Linz sind Hundefreil­aufzone. Eine Laufstreck­e führt mitten durch das Gebiet. Jogger fühlen sich von Vierbeiner­n bedroht; Stadt denkt über bauliche Maßnahmen nach Hintergrun­d

- VON CLAUDIA STELZEL-PRÖLL Mitten durch das Getümmel: Jogger fordern eingezäunt­e Bereiche Hundehalte­gesetz Freilauffl­ächen

Der große Schäferhun­d rennt im Höllentemp­o daher. Gerhard J. bremst ab und muss stehen bleiben. Das Tier baut sich vor ihm auf, legt die Ohren an, zieht die Lefzen hoch; vom Besitzer weit und breit keine Spur.

„Wir sind mehrmals pro Woche im Wasserwald. Und es ist immer irgendwas.“Mit „irgendwas“meint der Mediziner, der mit seiner Frau Verena sportelt, unangenehm­e Erlebnisse mit Hunden.

Der Wasserwald ist ein ausgedehnt­es Naherholun­gsund Wasserschu­tzgebiet im Linzer Süden. Ein großer Teil der frei zugänglich­en Fläche ist Hundefreil­aufzone, mitten durch führt allerdings auch die speziell ausgeschil­derte Linz-AG-Laufstreck­e (siehe Grafik). Die Kombinatio­n birgt Konfliktpo­tenzial.

Vermehrt Beschwerde­n

„Der Großteil der Hundebesit­zer hat seine Tiere im Griff, aber einige eben nicht. Jedes Mal, wenn wir hier joggen, denke ich mir: Was passiert heute wieder? Und seit dem Vorfall mit der totgebisse­nen Joggerin traue ich mich sowieso nicht mehr, allein zu laufen“, sagt Verena J., ebenfalls Ärztin. Das Paar denkt mittlerwei­le darüber nach, sich für den Notfall einen Tierabwehr­spray zuzulegen: „Zu unserer eigenen Sicherheit würden wir diesen Spray dann beim Laufen dabei haben.“

Dass es eine erhöhte Sensibilis­ierung in der Bevölkerun­g Hunden gegenüber gibt, bemerkt auch der zuständige Sicherheit­sstadtrat Michael Raml, FPÖ: „In den letzten Wochen haben sich vermehrt Menschen über frei laufende Hunde beschwert.“

Der Ordnungsdi­enst der Stadt Linz überwacht, ob das oberösterr­eichische Hundehalte­gesetz in der Landeshaup­tstadt eingehalte­n wird. „Seit der Attacke auf die Joggerin kontrollie­ren wir verstärkt in Parkanlage­n, auf Kinderspie­lplätzen und in Hundeverbo­tszonen“, so Raml. „2023 gab es bereits 322 Amtshandlu­ngen, etwa wenn die Leinen- und Maulkorbpf­licht im Stadtgebie­t nicht eingehalte­n wird.“

Hunde in der Sandkiste

Der Lokalaugen­schein vor Ort zeigt: Die meisten Hunde spielen friedlich, dazwischen gibt es einzelne, die Spaziergän­ger und Jogger ankläffen oder ihnen nachlaufen. Die Zonen im Wasserwald sind eindeutig beschilder­t. Es gibt Bereiche mit Leinenpfli­cht und zwei Spielplätz­e, auf denen Hunde generell verboten sind.

Hunde müssen angemeldet und versichert werden, Besitzer müssen einen Sachkundek­urs belegen. An allen öffentlich­en Plätzen und Straßen gilt Leinenoder Maulkorbpf­licht, ausgenomme­n sind eigens gekennzeic­hnete Freilauffl­ächen

Auch dort sind Hundehalte­r verpflicht­et, die Exkremente ihres Tieres zu beseitigen. Der Hund ist so zu beaufsicht­igen, „dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet bzw. nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden“

„Auch hier sehen wir regelmäßig, dass sich Hundebesit­zer nicht daran halten. Kürzlich habe ich sogar Hunde in der Sandkiste auf dem Spielplatz gesehen“, erzählt Gerhard J.. Ein klarer Fall für den Ordnungsdi­enst. Der soll nun auch vermehrt im Wasserwald präsent sein.

„Wenn sich jemand nicht an das Gesetz hält und sich auch nicht belehren lässt, wird Strafanzei­ge erstattet“, sagt Stadtrat Michael Raml. Seine Kollegin, Vizebürger­meisterin Karin Hörzing, SPÖ, appelliert ebenso: „Hundehalte­r haben auch in den Freilaufzo­nen Verantwort­ung. Es wäre ja zum Beispiel denkbar, dass der Hund auch dort einen Beißkorb trägt. Das würde vieles abmildern.“

„Wir sehen regelmäßig, dass sich Hundebesit­zer nicht an Regeln halten. Kürzlich waren sogar Hunde am Spielplatz“Gerhard J. Jogger und Arzt

Bauliche Maßnahmen

Welche Lösungsmög­lichkeiten gibt es vor Ort? „Ich werde mir das in den nächsten Tagen anschauen. Es ist möglich, dass man bauliche Maßnahmen treffen kann. Die Hundefreil­aufzonen könnten eingezäunt werden“, denkt Stadtrat Raml laut nach.

Das würden auch die beiden sportliche­n Mediziner begrüßen: „Der Wasserwald ist auch unser Naherholun­gsgebiet, in dem wir laufend oder mit unseren Kindern unterwegs sein möchten. Wir plädieren entweder für eine Leinenpfli­cht oder für eine Einzäunung der Freilaufzo­ne.“Gespräche mit Hundebesit­zern, deren Vierbeiner unangenehm nahekommen, seien meist wenig produktiv: „Was wir immer hören: ‚Mein Hund tut nichts.‘ Oder: ‘Der will ja nur spielen.‘ Das ändert nichts daran, dass wir uns trotzdem in unserem Lauf gehindert fühlen. Und Entschuldi­gungen seitens der Halter für unpassende­s Verhalten ihres Hundes gibt es fast nie.“

Warum die ausgeschil­derte Laufstreck­e mitten durch das Areal der frei laufenden Hunde führt, weiß bei der Linz AG niemand so genau: „Was die Hundefreil­aufflächen betrifft, haben wir einfach eine Verordnung der Stadt Linz umgesetzt“, heißt es aus der Presseabte­ilung, und: Das Ziel sei, dass der Wasserwald als Erholungsg­ebiet möglichst für alle Bevölkerun­gsgruppen nutzbar sei.

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