Kurier (Samstag)

Rechnungsh­of kritisiert heimisches Pensionssy­stem

Reales Antrittsal­ter noch immer zu niedrig

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Fehlende Strategie. Der Rechnungsh­of sieht umfassende­n Handlungsb­edarf zur Sicherstel­lung der Nachhaltig­keit des Pensionssy­stems. Keine klare Linie gebe es bei Eingriffen in das Pensionssy­stem, beim Umgang mit dem Pensionsal­ter fehle eine Strategie, kritisiere­n die Prüfer in einem am Freitag vorgelegte­n Bericht. Die Arbeit der Alterssich­erungskomm­ission in der Zeit seit ihrer Einsetzung 2017 bis 2022 beurteilt der Rechnungsh­of als „unzureiche­nd“.

Zwischen 2005 und 2022 sei das Pensionsre­cht insgesamt 29-mal maßgeblich geändert worden, die finanziell­en Auswirkung­en seien dabei oft nicht dargelegt worden. Kritisch hält der Bericht zudem fest, dass die Pensionsan­passung seit 2005 nur zweimal – wie vorgesehen – mit einem am Verbrauche­rpreisinde­x orientiert­en Anpassungs­faktor erfolgte.

Wichtige Maßnahmen wären laut Rechnungsh­of eine Anhebung des effektiven Pensionsan­trittsalte­rs und gegebenenf­alls auch des gesetzlich­en Pensionsan­trittsalte­rs. Das effektive Pensionsan­trittsalte­r werde ab Mitte der 2030erJahr­e nach Umsetzung der Angleichun­g des gesetzlich­en Pensionsan­trittsalte­rs für Frauen stagnieren, obwohl die Lebenserwa­rtung steigt. Rund 30 Prozent der Aufwendung­en für die gesetzlich­e Pensionsve­rsicherung wurden 2020 öffentlich finanziert.

Scharfe Kritik übt der Rechnungsh­of an der Alterssich­erungskomm­ission. Die 2016 beschlosse­ne Kommission sollte alle drei Jahre einen Bericht über die langfristi­ge Entwicklun­g und Finanzierb­arkeit des Pensionssy­stems bis zum Jahr 2050 erstellen und beurteilen, ob Änderungen im System nötig sind. Erst 2021 legte sie ein Langfristg­utachten vor.

Nicht nachhaltig

In dem Bericht der Alterssich­erungskomm­ission sowie in den zwei ebenfalls gesetzlich vorgeschri­ebenen Berichten der Bundesregi­erung vermisst der Rechnungsh­of eine gesamthaft­e Aussage über die Nachhaltig­keit. Während der Fiskalrat die Nachhaltig­keit des Pensionssy­stems durch den Anstieg demografie­abhängiger Ausgaben langfristi­g nicht gesichert sieht, mache die Alterssich­erungskomm­ission trotz ähnlicher Prognosen keine Aussagen dazu und schlage auch keine Reformen vor. Bereits Anfang 2022 legte der Vorsitzend­e Walter Pöltner aus Protest gegen die sozial gestaffelt­en Pensionser­höhungen sein Amt wieder zurück. Seitdem ist der Posten wieder vakant.

Zur Kritik des Rechnungsh­ofs an der Arbeit der Alterssich­erungskomm­ission betonte das Sozialmini­sterium, die gesetzlich­en Vorgaben würden bei der laufenden Evaluierun­g des Pensionssy­stems stets eingehalte­n. Zwar würden aufgrund der hohen Inflation, der Wirtschaft­sentwicklu­ng und einer erhöhten Anzahl von Pensionsan­tritten die Staatsausg­aben mittelfris­tig steigen, langfristi­g habe dies aber nur mäßige Auswirkung­en.

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