Die Lehren aus dem Fall Pilnacek
Zuletzt war es ruhig geworden um Christian Pilnacek. Sein tragischer
Tod lenkt schlagartig noch einmal das Licht auf eine der schillerndsten, umtriebigsten Figuren des österreichischen politischen Systems der jüngeren Vergangenheit. Mit Sicherheit war er einer der brillantesten Köpfe der heimischen
Justiz (was ihm selbst von seinen Gegnern bescheinigt wurde), ein Unangepasster, ja, wohl auch ein Grenzgänger – jedenfalls aber einer, der aus dem grauen Einerlei des Betriebs um Längen herausragte.
Christian Pilnacek war bekanntermaßen einer der Lieblingsfeinde von Justizministerin Alma Zadić und der von ihr stets vehement verteidigten Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Das bedeutet nicht, dass man dem mächtigen, einflussreichen und gewiss auch eitlen Sektionschef nichts vorwerfen hätte können, dass er keine Fehler begangen hat. Aber es ist doch bezeichnend, dass ausgerechnet einer wie er als beruflich zerstörte Existenz frühzeitig endet.
Bezeichnend ist ebenso, dass noch in den Berichten von seinem Tod sein legendär gewordener Chat-Satz „Wer vorbereitet Gernot …?“einmal mehr – zum wievielten Mal eigentlich? – hervorgezerrt wurde. Was für ein Triumph, einen hochgelobten Topjuristen und Spitzenbeamten solcherart vorführen zu können: ein armseliger Triumph der Mediokrität. Es ist notorisch: wie einschlägig interessierte politmediale Milieus die immer gleichen Filmsequenzen, Bilder, Chatpassagen, Zitatfragmente bis zum Abwinken in Endlosschleife wiederholen und präsent halten: auf dass klar werde und im kollektiven Gedächtnis sich fest verankere, wo Korruption und Machtmissbrauch zu Hause sind. Das alles hat spätestens parallel zur Ära Schüssel begonnen – es ist gewiss nur ein Zufall, dass das die erste bürgerliche Regierung seit drei Jahrzehnten war – und spannt sich bis in die Gegenwart. Der Tod von Christian Pilnacek markiert hier eine Zäsur.
Zu hoffen wäre, dass es auch eine Zäsur in Richtung mehr Mäßigung auf allen Seiten markierte. Und zwar dahingehend, dass Hassrede, Fake-News-Alarm und dergleichen mehr nicht immer nur dem rechten Teil des politischen Spektrums unterstellt werden; während alles andere als Ausweis von berechtigter Sorge, als Artikulation pointierter Kritik zur Rettung von Demokratie und Rechtsstaat gilt. Zu befürchten ist indes, dass nach dem ersten Schockmoment, nach manch echter Bestürzung und nicht wenigen Krokodilstränen das bittere Spiel seine Fortsetzung findet. Der bereits voll angelaufene Wahlkampf wird dazu das Seine im schlechten Sinne beitragen. Dann muss man freilich auch in Rechnung stellen, dass Pilnacek nicht der Letzte gewesen sein wird, der dem Druck nicht mehr standgehalten hat.
Der Tod des mächtigen Justizsektionschefs wirft ein bezeichnendes Licht auf den politmedialen Betrieb des Landes