Kostenloses Klimaticket für Jugendliche ab 18 Jahren?
PRO&CONTRA
Nur ein früher Wahlkampfgag? Und was ist mit den 18-Jährigen aus Schasklappersdorf, die gar keine ÖffiAnbindung haben? Sollten wir denen ein (E-)Auto sponsern?
Klar kann man sich aufregen über die neueste, wenn nicht sogar letzte Aktion dieser Bundesregierung. 120 Millionen Euro liegen dafür bereit (sechs Milliarden kriegen nur die ÖBB jährlich). Und es wird sich erst zeigen, ob das Klimaticket auch irgendwer abholt. Die Aktion ist aber gut bis sehr gut. Erstens, weil wir bekanntlich die Summe unserer Erfahrungen sind. Wenn Kinder und Jugendliche immer nur erleben, dass vor allem die Mütter offenbar hauptberuflich Taxifahrer sind, kann ein Klimaticket die Perspektive um 180 Grad verändern. Ja, Österreich kann man nahezu komplett mit Öffis erfahren.
Und so kann auch ein Verhalten, immer nach dem Auto zu rufen, verändert werden, aber Verhaltensänderung muss man lernen. Nicht wenige werden das Klimaticket als Karte in die Freiheit erleen.
Dann muss klar sein, dass der Verkehr von morgen in allen wissenschaftlichen Analysen sicher nicht mit Individualverkehr, sondern nur mit einem starken Anstieg der Öffinutzung gelingen kann. Der nächste Vorteil ist, dass das staatliche Geld ja den Verkehrsbetrieben zugutekommt, die ohnehin den Auftrag haben, weiter auszubauen und zu verdichten und einen höheren Takt zu bewerkstelligen.
Wenn alles gut geht, kann so ein Klimaticket den Horizont erweitern. Speziell für jene Jugendlichen aus Schasklappersdorf. Bernhard Gaul ist Innenpolitik-Redakteur
Nein, auch wenn die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler es wohl als sozialpolitische Maßnahme für „junge Menschen“erachtet, da für „eine Lebensphase, in der allerhand Entder scheidungen anstehen und in auch das Mobilitätsverhalten geprägt wird“, gedacht, wie sie ausrichten lässt.
Das 1.095-Euro-Klimaticket (821 € für alle bis 26) allen ab 18-Jährigen ungefragt und kostenlos ab 2024 zur Verfügung zu stellen – ungeachtet dessen, ob es die oder der eine mehr oder weniger braucht – erinnert an den Klimabonus und an das vielfach zu Recht kritisierte Gießkannen-Prinzip.
Nur, dass die Rezessionszeit, in der wir uns befinden und deren Dauer wie Konsequenzen wir noch nicht annähernd ab- wie einschätzen können, eben nicht dazu angetan ist, einfach mal eben 120 Millionen
Euro aus dem Budget zu nehmen. Es sei denn, man will „ den jungen Menschen ein kleines Stück Freiheit schenken“, wie Gewessler sagt. Oder, um es anders zu formulieren, in Vorwahlkampf-Zeien mit grünen Zuckerln der potenziellen Wählerschaft das Leben versüßen, wie es den Anschein hat. Denn: Das Zuckerl nehmen, das Klimaticket in Anspruch nehmen, wird mutmaßlich wohl jeder und jede – gemäß dem Motto „Warum denn auch nicht?“
Weil 120 Millionen Euro nicht nichts sind. Weil sich ein dreistelliger Millionenbetrag nachhaltiger in Infrastrukturmaßnahmen investieren ließe zum Wohle aller. Weil sich so das Anspruchsdenken an den Nanny-Staat nie ändern, sondern nur genährt werden wird.
Johanna Hager ist stellv. Leiterin Innenpolitik