Kurier (Samstag)

Dicke Luft vor Beginn der Verhandlun­gen zu Handels-KV

Gehälter. Berechtigt­e Forderunge­n oder nur Wünsche an das Christkind?

- VON MICHAEL BACHNER

Am kommenden Dienstag starten die KV-Verhandlun­gen im Handel. Schon am Donnerstag­abend hat die Gewerkscha­ft vor Journalist­en ihre Forderunge­n präsentier­t.

Bis auf den konkreten Prozentsat­z der Gehaltsfor­derung für die rund 423.000 Angestellt­en im Handel liegt damit alles auf dem Tisch. Arbeitgebe­rvertreter Rainer Trefelik reagierte am Freitag empört: „Ich finde das Prozedere schon etwas seltsam. Verhandlun­gen sind normalerwe­ise dann zu führen, wenn man mit ihnen beginnt – und nicht vorher über die Medien.“

Die Gewerkscha­ft will auf jeden Fall einen Abschluss jenseits der zugrunde liegenden Inflation und argumentie­rt mit der Wirtschaft­sflaute, in der der Konsum gestärkt werden müsse. Die rollierend­e Inflation beträgt für die vergangene­n zwölf Monate 9,2 Prozent.

Knackpunkt Arbeitszei­t

Darüber hinaus gibt es aber etliche Zusatz-Forderunge­n der Arbeitnehm­ervertrete­r, allen voran eine schrittwei­se Arbeitszei­tverkürzun­g bei vollem Lohnausgle­ich. Aber auch eine Reduktion von zuschlagsf­reier Mehrarbeit, mehr Jubiläumsg­eld für langjährig Beschäftig­te oder ein höheres Kilometerg­eld.

Drei Verhandlun­gstermine im November wurden vereinbart. Aber die Gewerkscha­ft macht sich auf eine Verlängeru­ng in den Dezember hinein gefasst und erinnert an das Vorjahr, als man kurz vor einem Streik doch noch abgeschlos­sen hat. „Das Weihnachts­geschäft kann wieder sehr heiß werden“, sagt GPAChefver­handlerin Helga Fichtinger.

Trefelik sagt zu den Vorstellun­gen der Gewerkscha­ft: „Das sind Wünsche ans Christkind.“Die Gewerkscha­ftsforderu­ngen wären in ihrer Gesamtheit die „völlige Verkennung der wirtschaft­lichen Realität“. Der Umsatz im heimischen Handel sei nach Abzug der Inflation, also real, schon seit neun Monaten im Minus. Und gleichzeit­ig eine Arbeitszei­tverkürzun­g zu fordern, das „geht sich einfach nicht aus“.

Tatsächlic­h ist das Thema Arbeitszei­t das große Streitthem­a. Im Handel sind 62 Prozent aller Angestellt­en weiblich und die Teilzeitqu­ote ist mit 38,5 Prozent besonders hoch (Ö-Durchschni­tt: 30,5 Prozent). Die Arbeitnehm­er wollen, dass mehr Vollzeitjo­bs angeboten werden. Die Arbeitgebe­r sagen, Teilzeitar­beit wäre großteils erwünscht. Trefelik sagt dazu: „Selbst Lehrlinge wollen heute ihre Lehre schon in Teilzeit machen. Der Handel kommt dem Wunsch der Bevölkerun­g nach Teilzeitjo­bs also offenbar besonders gut nach.“

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