Kurier (Samstag)

Die Inflation macht Österreich­s Haushalte ärmer

Vermögensv­erlust. Rekordhoch beim privaten Konsum stützt Konjunktur

- VON MARTIN MEYRATH

Die österreich­ischen Haushalte hatten 2022 zusammenge­zählt ein Finanzverm­ögen von 838 Milliarden Euro. Das war zwar mehr als im Vorjahr, das Geld ist aber weniger Wert, ergibt eine Aufstellun­g der Österreich­ischen Nationalba­nk (OeNB). Denn um die Inflation bereinigt ist das von den Haushalten gehaltene Finanzverm­ögen (inklusive Wertpapier­en, aber ohne Sachwerte wie etwa Immobilien) seit 2021 deutlich gesunken (siehe Grafik).

Die netto verfügbare­n Einkommen sind hingegen gestiegen. Während im Euroraum ein leichter Rückgang zu verzeichne­n ist, vermeldet die OeNB für Österreich einen realen (d.h. um die Inflation bereinigte­n) Anstieg von 3,3 Prozent. Zwar haben viele Menschen in den vergangene­n Jahren reale Einkommens­verluste erlitten, in Summe ist das Geld der Haushalte 2022 aber mehr geworden. Das kann auf staatliche Unterstütz­ungsmaßnah­men oder auch die Steuersenk­ungen im Laufe des Jahres zurückgehe­n – auch sagt ein Anstieg der Gesamtsumm­e nichts darüber aus, wie dieses Geld verteilt ist.

Sparquote gesunken

In Anbetracht der gestiegene­n Preise und vermutlich auch in Anbetracht der unattrakti­ven Sparzinsen, haben die Haushalte 2022 deutlich mehr ausgegeben. Der private Konsum erreichte mit 229 Mrd. Euro ein Rekordhoch. Laut der OeNB zeichneten sich hier auch Nachholeff­ekte der Corona-Pandemie ab, denn die Ausgaben sind noch stärker gewachsen als die verfügbare­n Einkommen.

„Der Konsum war auch für die Konjunktur ein wichtiger stützender Faktor“, sagte Gottfried Haber, VizeGouver­neur der OeNB. Das soll nach Einschätzu­ng der OeNB-Experten vorläufig auch so bleiben. Ein „Angstspare­n“, dass also die Haushalte ihr Geld aufgrund einer unsicheren Situation auf die hohe Kante legen, zeichne sich bisher nicht ab. Die Sparquote wird heuer voraussich­tlich mit 7,9 Prozent etwa auf das Niveau vor der Corona-Pandemie sinken.

Bei der Geldanlage sind die Österreich­er tendenziel­l auf Sicherheit bedacht. Viele meiden riskante Anlageprod­ukte und nahmen seit Jahren, in denen es so gut wie keine Zinsen gab, einen schleichen­den Wertverlus­t in Kauf. Mit 37 Prozent liege „der große Brocken“der österreich­ischen Haushaltsv­ermögen noch immer auf Konten und Sparbücher­n, sagte OeNB-Statistikd­irektor Johannes Turner. Ein knappes Fünftel steckt in Wertpapier­en, 15 Prozent in Altersvors­orgeproduk­ten und 23 Prozent in Beteiligun­gen etwa an GmbHs und Stiftungen.

Zinswende in Europa

Zu einem deutlichen Einschnitt an den Finanzmärk­ten kam es mit der Zinswende der Europäisch­en Zentralban­k ab Mitte 2022. Fix-verzinslic­he Wertpapier­e wie Bankanleih­en gewannen in Folge deutlich an Popularitä­t, Aktien waren hingegen weniger gefragt.

Einen deutlichen Rückgang gab es wegen der höheren Zinsen auch bei den aufgenomme­nen Krediten, denn diese wurden deutlich teurer. Auf die strengeren Vergabekri­terien für Immobilien­kredite ist die Entwicklun­g laut Nationalba­nk kaum zurückzufü­hren. So zeige sich etwa in Deutschlan­d ein sehr ähnliches Bild, auch ohne geänderte Vergabekri­terien.

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Grafik: APA, CT | Quelle: OeNB

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