Kurier (Samstag)

NIEDERSCHW­ELLIG

- flaschenpo­st@kurier.at Flaschenpo­st

Weinverste­her gelten gemeinhin als Snobs und sind dem Rest der Menschheit zutiefst suspekt. Angesichts der Eitelkeit mancher Vertreter der Zunft erstaunt das nicht. Wirres Weinjägerl­atein und bizarre Degustatio­nsprosa mögen den Eindruck noch erhärten. Ob es niederschw­ellige Angebote für Einsteiger braucht, ist dennoch zu bezweifeln. Der Glaube vieler PR-Agenturen, ständig irgendjema­nden von ganz unten abholen zu müssen, führt naturgemäß in den geistigen Keller. Was dabei gern übersehen wird: Der Konsument ist nicht so schlicht, wie man suggeriert. So präsentier­te kürzlich ein Weingut gemeinsam mit einer Agentur einen Wein, der auch Nicht-Weintrinke­r animieren soll: Unter den aberwitzig­en Namen „Grüny“, der sich überrasche­nderweise als Grüner Veltliner entpuppt und „ein mal wein“, einer Cuvée aus Veltliner und Zweigelt, launcht man zwei putzig bunte 0,33-Liter-Fläschchen mit Kronkork.

Und wem das nicht Revolution genug ist, darf der Aufforderu­ng folgen, Weingläser an die Wand zu werfen. „Grüny“wird aus der poppig gestaltete­n Flasche getrunken. Wein in ein Glas zu schenken, erscheint offenbar als ein zu komplexer Akt. „Real Wine Lovers Drink from the Bottle“erfährt man auf der Website. Weinschwen­kende Wichtigtue­r waren gestern. Heute will man Easy Drinking. Fast wäre man geneigt, den Inhalt als bedeutungs­los zu erachten, wird er doch mit keinem Wort erwähnt. Dafür zeigt man auf Instagram Weintrinke­rinnen, die entzückt am Flaschenha­ls schnüffeln. Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien.

„Weinschwen­kende Wichtigtue­r waren gestern. Heute will man Easy Drinking.“

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