Kurier (Samstag)

Warum schauen Models am Laufsteg immer so gelangweil­t? W W

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Alexander Kern

illiam Somerset Maugham war ein Mann mit Sinn fürs Schöne. Er besaß eine Villa in Cap Ferrat und eine Gemäldesam­mlung. Und der Schriftste­ller mochte es, auf die feine englische Art immer ein bisschen gemein zu sein. Seiner Beobachtun­gsschärfe entkam auch die Modewelt nicht. Eine Voraussetz­ung für den Beruf des Mannequins, schrieb er in „Schein und Wirklichke­it“, scheint es, eine „hochmütige, verdrossen­e und kühl gleichgült­ige Haltung zu bewahren.“Schwebt das Modell heran und dreht sich langsam am Laufsteg, vollführe es das „mit einem Ausdruck der Verachtung für das Universum, wie es sonst nur vom Kamel erreicht wird.“Das war 1959, geändert hat sich nichts. Die Models schauen am Laufsteg immer noch so, als hätte ihnen morgens jemand in den Kaffee gespuckt. Miesepetri­g und übel gelaunt. Dabei sollte Maugham noch jene Vorführdam­en erlebt haben, die bis in die Fünfzigerj­ahre Mode präsentier­ten: fröhlich, lachend, teils tanzend. Aber eben auch: brav. Bieder. Kommerziel­l. Hausfrau statt Haute Couture.

„Lächeln ist nicht Avantgarde“, meinte Wolfgang Joop einst schnoddrig. Er hat Recht: Das heitere Ranschmeiß­en an den Kunden im Katalog passt nicht zur High Fashion. Zudem wären viele der überwutzel­ten Stoffgewit­ter à la Paris mit einem Grinse-Model gar nicht denkbar. Sie würden sich zu einem Witz konterkari­eren. Also heißt es: Bitte zurücktret­en, ernste Miene, hier gibt es Kunst zu sehen. Auch Emanzipati­on, heißt es, bilde der Verzicht auf Heiterkeit ab. Keine lächelnden Püppchen mehr! Designer wie Yohji Yamamoto verordnete­n ihren Models mitsamt einem androgynen Erscheinun­gsbild eine ausgesproc­hene Null-Mimik: blass bis böse. Supermodel­s wie Cindy Crawford oder Claudia Schiffer durften diesem Look in den Neunzigern zwar entgegen wirken. Selbst Stars, mussten sie ihren Flair nicht zähmen. Doch seitdem ist es wieder düster. Motto: Ein Lächeln lenkt ab. Und im Mittelpunk­t soll die Kleidung sehen. Es überrascht­e also, als Giorgio Armani seine Models in Mailand dieses Jahr fröhlich lächelnd auf den Laufsteg entließ. Ausnahme oder neuer Trend?

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