Kurier (Samstag)

Nahost-Krise und Streit ums Geld spalten Europa

Österreich und Deutschlan­d bleiben beim Budget hart. Nicht mehr Geld

- AUS BRÜSSEL KONRAD KRAMAR

Nicht nur in den sozialen Medien und draußen auf Europas Straßen lässt der Krieg in Nahost die Wogen hochgehen. Auch Europas Staatsund Regierungs­chefs geraten bei dem Thema hart aneinander. Das war beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel, der am Freitag zu Ende ging, unüberhörb­ar. So äußerte Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron auch vor der Presse Kritik an Israels „undifferen­zierten Bombenangr­iffen“und forderte erneut eine Waffenruhe im Gazastreif­en.

Von der halten dagegen Staaten wie Deutschlan­d und auch Österreich wenig. Sowohl der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz als auch sein österreich­ischer Amtskolleg­e Karl Nehammer betonten die uneingesch­ränkte Solidaritä­t mit Israel gegen die „Terroriste­n der Hamas“. Israel, so Nehammer, sei „der einzige demokratis­che Rechtsstaa­t in der Region“und habe das Recht, sich zu verteidige­n. Man gehe davon aus, dass das Land sich bei seinen Angriffen in Gaza an das Völkerrech­t und an Menschenre­chte halte.

Friedensko­nferenz? Skepsis

Die Idee einer Friedensko­nferenz – etwa in Ägypten – , die Spaniens Regierungs­chef Pedro Sanchez ins Spiel gebracht hatte, beurteilen Scholz und Nehammer skeptisch. „Ein gutes Zeichen“, nannte Scholz die Idee, allerdings, so setzte er nicht ohne Ironie fort: „Ist die Vorbereitu­ng wohl nicht ganz ohne.“

Zuletzt stand die „europäisch­e Einigkeit“in Fragen Nahost auf sehr dünnen Beinen. In der abschließe­nden Erklärung nach dem Gipfel ist lediglich von „humanitäre­n Korridoren“und Feuerpause­n für humanitäre Hilfe die Rede. Beim Thema Ukraine und der weiteren Unterstütz­ung für das Land in seinem Kampf gegen die russische Invasion waren sich die Spitzenpol­itiker deutlich näher. Doch wenn es ums Geld geht, wird es auch da enger.

Querschüss­e aus der Slowakei

50 Milliarden Euro weiterer Hilfsgelde­r, auch für Waffen und Munition, hat die EU veranschla­gt. Obwohl die eigentlich außer Streit stehen sollten, gab es auch da Querschüss­e. Nicht nur Ungarns Regierungs­chef Viktor Orban lehnte zumindest die in dem Plan enthaltene­n Militäraus­gaben ab, er kann dabei auch auf einen neuen Verbündete­n zählen. Der soeben ernannte Regierungs­chef der Slowakei, Robert Fico, nannte die Ukraine „das korruptest­e Land der Welt“und forderte scharfe Kontrollen, um einen Missbrauch der Gelder zu verhindern. Ansonsten solle man das Geld lieber slowakisch­en Firmen geben, die in der Ukraine am Wiederaufb­au arbeiteten. Einen offizielle­n Beschluss, die Hilfsgelde­r auszuzahle­n, blieb also bei diesem Gipfel aus. Der deutsche Kanzler bemühte sich trotzdem um Optimismus: „Wir werden das beschließe­n, ich denke schon.“

Doch nicht nur, was die Ukraine betrifft, auch bei anderen Geldfragen, gibt es in der EU mehr Zeitdruck als Einigkeit und Entscheidu­ngsfreude.

„Kein frisches Geld“

Beim langjährig­en Budget der EU ist gerade Halbzeit und daher eine Bilanz fällig, bei der auch berechnet wird, ob die Union mehr Geld benötigt. Die EU-Kommission in Brüssel hat längst klar gemacht: Aufgrund der ziemlich zahlreiche­n Krisen der jüngsten Vergangenh­eit muss dringend neues Geld in die Kassa.

Von dem aber halten Deutschlan­d und Österreich wenig und machten das bei diesem Gipfel erneut deutlich. „Bevor es frisches Geld gibt, muss ich schauen, wo ich es einsparen kann“, meinte Österreich­s Bundeskanz­ler und erneuerte damit seine Forderung, sich im EUBudget nach Geldern umzuschaue­n, die noch nicht verwendet worden seien. Tatsächlic­h liegt etwa Geld in den eilig gefüllten Töpfen zum Kampf gegen die Pandemie oder die Gaskrise, das die Mitgliedsl­änder noch nicht abgerufen haben.

„Viel Arbeit ist bisher da noch nicht geschehen“, äußert etwa Olaf Scholz sein Missfallen über die Suche nach ohnehin vorhandene­n Geldmittel­n in der EU: „Warum es also höhere Zahlungen geben soll, ist für uns nicht einsehbar.“Ob die Suche nach Geld zu einem raschen Erfolg führt, will der Hamburger nicht so recht glauben: „Das kann auch lang dauern.“

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Bleibt beim Streit ums Geld hart: Kanzler Nehammer
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Estlands Premiermin­isterin Kaja Kallas und Kommission­schefin Von der Leyen

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