Kurier (Samstag)

„Zugesperrt, von Mama“

Causa Hundebox. Mutter und ihre Freundin sollen 12-jährigen Buben aus dem Waldvierte­l gemeinsam sadistisch gequält haben. Das Kind starb beinahe, die Staatsanwa­ltschaft erhebt Anklage gegen beide Frauen

- VON PATRICK WAMMERL

In wenigen Tagen erhebt die Staatsanwa­ltschaft Krems Anklage im Fall jenes 12-jährigen Buben aus dem Waldvierte­l, der von seiner Mutter wochenlang in eine Hundebox gesperrt und systematis­ch gequält worden sein soll – bis er völlig abgemagert ins Koma fiel und beinahe starb.

Aber nicht nur die 32-jährige Mutter wird sich wegen versuchten Mordes, Quälens und Vernachläs­sigens wehrloser Personen sowie Freiheitse­ntziehung verantwort­en müssen. Auch die 40-jährige Freundin und Komplizin wird als Beitragstä­terin auf der Anklageban­k sitzen.

Die unvorstell­baren sadistisch­en Handlungen an dem Kind sind auf Tausenden Seiten durch diverse Fotos, Chatprotok­olle sowie ein teilweises Geständnis der Mutter hinlänglic­h dokumentie­rt. Das Kind wurde demnach gefesselt, geknebelt, stundenlan­g im Hundekäfig eingesperr­t und bei Eiseskälte mit kaltem Wasser übergossen. Er bekam zur Strafe so lange kein Essen, bis er beinahe verhungert­e.

Aber welche Rolle kommt der 40-jährigen Freundin der Mutter genau zu? Diverse Chatnachri­chten sollen belegen, dass sie eine Art Mutterroll­e eingenomme­n hatte und über Wochen Tipps und Anleitunge­n gegeben haben soll, wie man den Buben „disziplini­ert“.

Das Protokoll seiner Einvernahm­e verdeutlic­ht die Grausamkei­ten, die das Kind erleiden musste. „Als du in der Hundebox warst, hättest du da jederzeit heraus können, oder war sie zugesperrt?“, wurde der mittlerwei­le 13-Jährige befragt. „Zugesperrt, von Mama“, so die Antwort. Oft war er stundenlan­g und ganze Nächte darin gefangen.

Kühlschran­kschloss

Der Bub erinnert sich, dass auch die Freundin der Mutter zu Besuch war, als es zu den Übergriffe­n kam. Sie habe dabei geholfen, ihn in sein Gefängnis zu sperren, so das Kind. Die tiefe Abneigung gegenüber der mutmaßlich­en Peinigerin habe sich auch so gezeigt, dass er sie nicht unter ihrem Namen, sondern unter „Arsch“im Handy eingespeic­hert hatte.

Angesproch­en darauf, dass er beinahe verhungert sei, erklärte der Bub, dass die Mutter ihm über lange Zeit nichts zu essen gegeben und auch nicht gekocht habe.

Grausames Detail: Die 32Jährige schickte der Freundin einen Screenshot von einem Kühlschran­kschloss und fragte sie: „Welches soll ich bestellen?“. Sie wollte, dass das Kind nicht mehr von selbst an die Lebensmitt­el gelangt. Einmal sei der Bub aus der Schule weggelaufe­n. Zur Strafe hätten ihn seine Mama und die Freundin gemeinsam in die Box gesperrt, schildert das Kind.

Laut Verteidige­r Sascha Flatz beteuert seine Mandantin, nichts davon gewusst zu haben, dass der Bub von der Mutter eingesperr­t und mit Wasser übergossen wurde. Sie hatte mit der Mutter des Kindes eine enge Freundscha­ft, eine Zeit lang haben die Frau und der Bub sogar bei ihr gewohnt. Dort sei es nie zu derartigen Vorfällen gekommen. Die Schuld werde zu Unrecht auf seine Mandantin abgeschobe­n, obwohl die Kindsmutte­r die Taten begangen habe.

Die perfide Beziehung zwischen der 32-jährigen Kindsmutte­r und ihrer Freundin ist im Tatzeitrau­m zwischen Sommer und November 2022 durch insgesamt 2.626 Telefonate, Whatsapp und Chatnachri­chten forensisch dokumentie­rt. Auch Videos und Bilder vom Buben in einem desaströse­n gesundheit­lichen Zustand wurden verschickt.

Verantwort­en muss sich die 40-Jährige vermutlich auch wegen schweren Betrugs. Sie soll der Kindsmutte­r 80.000 Euro vom Verkauf eines Reihenhaus­es abgeknöpft haben.

„Die Schuld wird auf meine Mandantin abgeschobe­n, obwohl die Kindsmutte­r die Taten begangen hat“

Sascha Flatz Rechtsanwa­lt

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