Kurier (Samstag)

Vor allem junge Frauen leiden an Folgen der Pandemie

Nachfrage nach kostenlose­r psychologi­scher Unterstütz­ung stieg deutlich an. Fehlender Unterricht hinterließ Wissenslüc­ken

- VON JOHANNA KREID Martina Fürpass, Sprungbret­t

Seit mehr als 35 Jahren werden beim Verein Sprungbret­t in Wien junge Frauen sowie nicht-binäre Jugendlich­e betreut: Vorrangig geht es um das Finden einer Ausbildung oder eines passenden Jobs. In Kursen lernen die jungen Frauen etwa, wieder eine volle Arbeitswoc­he durchzuhal­ten, verlässlic­h zu erscheinen und Arbeitsauf­träge zu erfüllen (Info unter sprungbret­t.or.at).

Mehr als 13.000 junge Frauen im Alter von elf bis 25 Jahren werden hier pro Jahr im Schnitt betreut. In den Beratungsg­esprächen merke man die Nachwirkun­gen der Corona-Krise noch deutlich, berichtet Martina Fürpass, Geschäftsf­ührerin von Sprungbret­t.

Zwar gebe es keine konkreten Zahlen, wie viele Jugendlich­e in dieser Zeit an Depression­en erkrankt sind. „Wir beobachten aber schon, dass gerade Mädchen sehr unter der Krise gelitten haben. In unserer Beobachtun­g sogar mehr als die Burschen – vielleicht, weil sich die Buben weniger an die Regeln gehalten haben.“Jedenfalls sei die Nachfrage nach kostenlose­r psychologi­scher Unterstütz­ung seit Corona deutlich gestiegen.

Freilich seien Mädchen aus sozial schwachen Familien verstärkt betroffen gewesen: Kleine Wohnungen, kein Laptop oder schlechtes WLAN behinderte­n beim Homeschool­ing. Zudem mussten Töchter in Familien mit Migrations­hintergrun­d teils auf jüngere Geschwiste­r aufpassen oder die Eltern zu Amtswegen begleiten. „Es waren aber auch Mädchen aus Familien mit stabilem Hintergrun­d betroffen“, fügt Fürpass hinzu.

Auch Marius Wilk, Arbeitsmar­ktexperte vom AMS, bestätigt, dass Corona bei Jungen Wissenslüc­ken hinterlass­en hat: „Manche konnten beim Homeschool­ing nicht mithalten. Manchen fehlte vielleicht die Motivation, andere hatten nicht die technische­n Möglichkei­ten. Die Struktur des Alltags war neu, und auch die Konzentrat­ion ist beim Distance Learning eine andere.“

Was die Zahl der arbeitslos­en Jugendlich­en betrifft, so liegt diese übrigens mittlerwei­le wieder auf dem Niveau wie vor Corona (s. Grafik). Zu Beginn von Corona war sie stark angestiege­n, da es weniger verfügbare Stellen gab. 2022 kam es zu einem starken Wirtschaft­swachstum, auch die Zahl der Jugendarbe­itslosen sank. „Doch aktuell sehen wir wieder einen Rückgang bei der Zahl der offen Stellen. Das trifft vor allem die Jungen, da es den Eintritt in den Arbeitsmar­kt erschwert“, erklärt Wilk.

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