Zu den Entwicklungen im Nahostkonflikt
„Wenige Wochen vor dem Massaker am 7. Oktober wurden Hunderte von Hamas-Terroristen im Iran ausgebildet. Dschihadistische Milizen, die von Teheran unterstützt werden, haben den Abschuss von Raketen und Drohnen nicht nur auf israelisches Gebiet, sondern auch gegen das US-Militär im Nahen Osten verstärkt. Es ist unklar, ob das Regime der Ayatollahs den ,großen amerikanischen Satan‘ in diesen Krieg hineinziehen will oder ob es seine Grenzen austesten und Verwundbarkeit aufdecken will. Besorgniserregend ist die anhaltende Unfähigkeit der amerikanischen Führung, den Iran zu verstehen, seine Schritte vorherzusehen und seine Gefahr zu mindern. Washington schwankt zwischen der Peitsche und dem Zuckerbrot – ohne Erfolg. (...) Die Einzigen, die eine ,Gebrauchsanweisung‘ für den Iran gefunden zu haben scheinen, sind Russland und China. Diese Regime haben keine Werte mit dem schiitischen Fundamentalismus gemein. Aber Putin und Xi freuen sich, dass der Iran die amerikanischen Pläne durchkreuzt.“
Corriere della Sera
Mailand
„Letztes Jahr die Ukraine, heute Nahost: Ob die EU zum geopolitischen Akteur wird oder nicht, hängt von den Umständen ab. Eine gemeinsame Position muss immer erst ausgehandelt werden. Die EU ist kein Block und wird es wohl nie werden. Doch das muss nicht immer ein Nachteil sein. Denn der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist viel komplexer als der Überfall Russlands auf die Ukraine. Da gibt es wenig zu deuteln. Eine Großmacht überfällt das Nachbarland. Täter und Opfer sind klar benennbar. Die lange und leidvolle Beziehung zwischen Israeli und Palästinensern lässt sich nicht in ein Schema pressen. Von Anfang an gab es Täter und Opfer auf beiden Seiten. Und mehr noch: Täter, die auch Opfer und Opfer, die auch Täter sind. Das ist bei Territorialkonflikten die Regel, nicht die Ausnahme. Und es entschuldigt keinen Terrorismus. Die Kriegsverbrechen der Hamas müssen bestraft und der Gazastreifen muss demilitarisiert werden. Doch danach müssen Lösungen gesucht werden, die sowohl die Rechte Israels als auch jene der Palästinenser berücksichtigen.“
Neue Zürcher Zeitung
„Die Staats- und Regierungschefs der EU haben also einen Kompromiss gefunden. Die wichtigste Frage ist natürlich: Was ändert das eigentlich? In den letzten Wochen haben die führenden Brüsseler Persönlichkeiten so viele widersprüchliche Botschaften in die Welt gesetzt, dass sie in diesem Konflikt ihre Glaubwürdigkeit verloren haben. Abgesehen davon weiß jeder, dass Washington bei diesem Thema das Orchester dirigiert. Die EU spielt nur die zweite Geige, und obendrein hatte sie in den zurückliegenden Wochen einen falschen Ton angeschlagen.“
De Telegraaf
Amsterdam