Kurier (Samstag)

Die wahren Abenteuer sind in den Rapid-Köpfen

Liegt die Krise am Mangel mentaler Stabilität? Ein Experte klärt auf

- VON ALEXANDER HUBER

Nach fünf sieglosen Heimspiele­n in Folge wird es eng für Zoran Barisic. Die RapidSpiel­er mögen ihren Trainer und werden am Sonntag gegen den LASK (17 Uhr) für ihn laufen. Vielleicht noch den einen oder anderen Schritt mehr als gewohnt, weil ihnen die menschlich­e Art des Trainers und sein Schutzmant­el, den Barisic auch nach dem x-ten verspielte­n Sieg über seine Kicker legt, zu Herzen geht.

Haben es die Kicker auch im Kopf, um im Hütteldorf­er Druckkesse­l gegen die Linzer die Wende zu schaffen?

An mangelnder Qualität kann es nicht liegen – das betonen alle Verantwort­lichen. An dem gegenüber der Vorsaison deutlich verbessert­en Spiel auch nicht. Sonst würde der Tabellense­chste nicht in allen Statistike­n im Spitzenber­eich liegen, oder bei den statistisc­h erwartbare­n Punkten („expected points“) sogar mit Salzburg auf Platz eins. Fit ist der Kader ebenso.

Und genug Alternativ­en von der Bank gibt es nach der Burgstalle­r-Rückkehr auch – lediglich Kongolo hat sich im Training verletzt.

„Pech ist Unvermögen“

„Die letzte Konsequenz fehlt. Viel Pech ist Unvermögen“, analysiert Markus Katzer. Der Sportdirek­tor erklärt: „Mich ärgert am meisten, wie viel Selbstvert­rauen wir sammeln hätten können, wenn wir den Sack zumachen. Da wäre dann noch so viel Potenzial im Team. Aber jetzt fehlen uns Siege und das Selbstvert­rauen.“

Barisic betont immer wieder: „Fußball ist Kopfsache, zu einem großen Teil.“Dass der Kopf regelmäßig trainiert wird, ist dem 53Jährigen aber offenbar nicht wichtig. Anders etwa als Christian Ilzer. Der SturmTrain­er hat nach seinem Start 2020 den früheren Skitrainer Mathias Berthold für mehrere Monate als „Teamund Persönlich­keitsentwi­ckler“nach Graz geholt, um das „mentale Leistungsv­ermögen zu steigern“.

Barisic verweist auf Simon Brandstätt­er. Die Profis könnten jederzeit zum Sportpsych­ologen gehen, Zwang soll es dafür nicht geben. Allerdings ist Brandstätt­er hauptsächl­ich für den Nachwuchs, bis zu Rapid II, tätig. Eine Vollzeitst­elle, die Brandstätt­er gemeinsam mit einer Kollegin ausfüllt, finanziert Rapid. Die Arbeit – es geht eher um Optimierun­g mentaler Stärken als um Krisenbekä­mpfung – kommt laut KURIER-Informatio­nen bei den Talenten sehr gut an.

„Lohnende Investitio­n“

Der ausgebilde­te Mentalcoac­h Wolfgang Seidl sagt: „Es ist nicht einfach, dass ein erfahrener Psychologe 40 Stunden für einen Verein da ist.“Seidl selbst betreut viele Einzelspor­tler, das ist zeitintens­iv. „Wenn ein Verein den Trainer wechselt, kann es für den Mentalcoac­h schnell vorbei sein. Trotzdem wäre eine Vollzeit-Betreuung eine lohnende Investitio­n.“

Seidl erklärt am Beispiel Rapid: „Sie erleben eine Hochschaub­ahn. Die FanKultur, das volle Stadion, das große Interesse – das macht etwas mit Spielern. Wenn sie nur einen Gedanken an mögliche Konsequenz­en beim Scheitern haben, verkrampft das Spiel und die Leistung kann absinken.“Was dagegen zu tun ist? „Mentale Fertigkeit­en und der Umgang mit Druck sind trainierba­r. Das dauert“, erklärt Seidl. „Aber ich behaupte: Wenn früh genug damit angefangen worden wäre, würde Rapid jetzt stabiler spielen.“

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Aufstehen für Trainer Barisic? Grüll & Co. brauchen rasch Erfolge, auch in den Rapid-Heimspiele­n

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