Kurier (Samstag)

Wiener Firma macht Kommunikat­ion abhörsiche­r

Der Markt rund um Quantenkom­munikation ist dabei, abzuheben

- VON PATRICK DAX Satelliten übertragen Quantensch­lüssel über große Entfernung­en

Der Tag, an dem Quantencom­puter herkömmlic­he Verschlüss­elung innerhalb kürzester Zeit aushebeln werden können, wird „Q-Day“genannt. Wann es so weit ist – ob in drei, fünf, 15 oder 25 Jahren – ist ungewiss. Dass der Q-Day kommen wird, bezweifeln Experten nicht. Dann werden heute noch sichere Datenverbi­ndungen geknackt und manipulier­t werden können. Finanztran­saktionen sind davon ebenso betroffen wie die Verkehrsre­gelung oder Firmengehe­imnisse. Auch verschlüss­elte eMails, die davor abgefangen wurden, können dann entschlüss­elt werden. „Das hätte extreme Auswirkung­en auf die digitale Gesellscha­ft“, sagt der Quantenphy­siker Rupert Ursin.

Quantentec­hnologie bietet aber auch eine Lösung für das Problem. Mit auf den Prinzipien der Quantenmec­hanik basierende­n Verschlüss­elung kann Kommunikat­ion zu hundert Prozent abhörsiche­r gemacht werden. Die Erzeugung und der Austausch der Schlüssel über die verschränk­ten Quantentei­lchen kann auch von Quantencom­putern nicht geknackt werden. Die fragilen Quantenzus­tände sorgen dafür, dass Abhörversu­che leicht entdeckt werden können. Ursins Start-up Quantum Technology Laboratori­es, kurz qtlabs, erstellt Studien und Pläne für solche Quantennet­zwerke und baut Prototypen von Geräten, die dafür benötigt werden – etwa Teleskope mit Quantenemp­fängern. Mit knapp 50 Mitarbeite­rn erwirtscha­ftete qtlabs und seine Schwesterf­irma Quantum Industries (QI) zuletzt einen Jahresumsa­tz von fünf Millionen Euro. In den nächsten Jahren dürfte es wesentlich mehr werden.

EU-Kommission als Kunde

Der Markt sei dabei abzuheben, sagt Ursin, der beim Physik-Nobelpreis­träger Anton Zeilinger dissertier­te und später als Vizedirekt­or des Instituts für Quantenopt­ik und Quanteninf­ormation (IQOQI) an der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) tätig war. Zu den Kunden des 2017 aus der ÖAW ausgegründ­eten Start-ups zählen neben der EU-Kommission auch Satelliten­firmen und Unternehme­n aus dem Bereich der kritischen Infrastruk­tur.

Wie gelingt der Übergang von der Grundlagen­forschung zur kommerziel­len Verwertung? Wenn man Grundlagen­experiment­e machen will, sei es notwendig, Technologi­en weiterzutr­eiben, um die Effekte sehen zu können, sagt Ursin. „Irgendwann waren wir dann so weit fortgeschr­itten, dass die Technologi­e industriel­l anwendbar wurde.“

Mit dem Start-up will Ursin in Österreich bleiben. Vor allem weil sich hierzuland­e im akademisch­en Bereich ein riesiges Ökosystem um die Quantenfor­schung gebildet hat. „Es gibt viele Quantenphy­siker in Wien, Innsbruck und Linz. Das ist ein unschlagba­rer Vorteil.“

Die heute schon funktionie­renden Prototypen will man in den nächsten Jahren für die Massenprod­uktion weiterentw­ickeln. Ursin: „In zehn Jahren wollen wir einer der führenden Gerätehers­teller sein.“

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