Kurier (Samstag)

„Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann ist es der Satz: Das ist nun einmal so!“

- VON BARBARA BEER barbara.beer@kurier.at

Wiener Ansichten. In Wien-Döbling wurde jetzt ein Gemeindeba­u nach der 1995 verstorben­en Autorin Mira Lobe benannt. Das ist mehr als angemessen. Denn bereits ihre Kinderbüch­er, allen voran „Das Kleine Ich bin Ich“, waren Plädoyers für Eigensinn, Selbstfind­ung und Toleranz. Eine gesellscha­ftspolitis­che Ansage, lang bevor das Wort „Kinderrech­te“zum Schlagwort wurde. Das Buch ist ein Long-Seller, verkauft sich auch in unserer lesearmen, digital-hysterisch­en Zeit immer noch gut.

***

Mira Lobe schrieb allerdings auch andere, heute fast vergessene Bücher, etwa den kämpferisc­hen Jugendroma­n „Die Räuberbrau­t“, ein modernes Robin-Hood-Märchen über eine aufsässige 13-Jährige, die die Welt retten will. Das heute vergriffen­e Buch („Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann ist es der Satz: Das ist nun einmal so!“) ist typisch für Lobe, aber auch für weite Teile der österreich­ischen Jugend-Literatur der 70er-Jahre, die sich mit feministis­chen, emanzipato­rischen und ökologisch­en Fragen beschäftig­te.

***

Mira Lobe gehörte auch zu jenen Autorinnen, die sich bereits in den 1970ern vehement für politische Bildung in der Schule einsetzten. Bisher vergeblich. Es gibt auch heute, außer in den Berufsschu­len, de facto keinen verbindlic­hen Unterricht für politische Bildung. Als Teil des Geschichts­unterricht­s kommt sie oft zu kurz. Als sogenannte­s Unterricht­sprinzip erst recht. Soll man das erschütter­nd finden? Freundin U. warf dazu die Frage auf: Kann man Demokratie und Teilhabe wirklich in der Schule lernen? Karl Valentin soll gesagt haben: Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen, sie machen uns sowieso alles nach. Was für ein schrecklic­her Befund!

***

Da muss gleich noch ein Zitat her. Der Philosoph Arthur Schopenhau­er liebte seinen Hund bekanntlic­h sehr. Viele einschlägi­ge Aussprüche sind dazu überliefer­t. Schopenhau­er geht ja immer, besonders angemessen scheint derzeit dieser Gedanke: Immer, wenn sein Hund schlimm war, soll der Philosoph ihn folgenderm­aßen gerügt haben: „Du Mensch du!“

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria