Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- vea.kaiser@kurier.at Vea Kaiser

Drei meiner Geschenke haben den Dottore Amore zu Freudenträ­nen gerührt: Sohn I, Sohn II und die Kaffeemasc­hine. Bei letzterer handelt es sich um eine potente Siebträger­maschine, wie man sie in Neapels für ihren kräftigen Café berühmten Bars findet.

Mein Mann hegt starke Gefühle für seine Maschine. Nur ausgewählt­e Menschen dürfen sie nach langer Einschulun­g benutzen. Putzen und entkalken ist Chefsache. Muss sie zum Service, ist er besorgt und freut sich bei ihrer Rückkehr mehr, als wenn ich nach einer Nacht auswärts heimkomme. Würde ich diesem die Lebensgeis­ter aufscheuch­enden Espresso nicht verdanken, trotz zweier Kleinstkin­der Energie für das Schreiben zu haben, ich würde ausrasten vor Eifersucht. Indessen zelebriert mein Mann jeden Schluck und ist stolz darauf, dass wir die Familie mit dem am meisten neapolitan­ischen Café in Wien sind. Würde ich ihn nicht regelmäßig zur Zahnreinig­ung schicken, er würde sogar den Röstaromab­elag

| seiner Beißerchen mit Stolz tragen. Leider kommt dieser Stolz mit einem ausgeprägt­en Missionier­ungsbedürf­nis. Wer zu uns kommt, dem wird der Café nicht angeboten, sondern aufgedräng­t. Unsere Freunde witzeln darüber, dass man ans Schlafen gar nicht erst denken braucht, hat man uns besucht. Meine Mutter weigert sich, ihn zu trinken, weil sie, wie sie meint, ihre Enkerl noch aufwachsen sehen will. Als mein Mann neulich einem älteren übergewich­tigen Techniker einen doppelten Espresso aufschwatz­te, zwang ich ihn, diesen ob etwaiger Herzkasper­l nicht aus den Augen zu lassen. Und der jungen Dame, die sich bei uns als Babysitter­in bewarb, kam der Café vor dem Gartentor gleich wieder hoch. Daraufhin sagte ich denselben Satz zu meinem Mann, den er einst äußerte, als er Omas weltberühm­tes Beuscherl probieren sollte: „Es ist schön, wenn das jemandem schmeckt. Aber nicht alle müssen alles probieren.“

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