Kurier (Samstag)

Mehr als Gut oder Böse

- VON RICHARD GRASL richard.grasl@kurier.at

'Vorweg: René Benko ist zu knapp 25 Prozent am KURIER beteiligt. Er hat nie versucht, die Berichters­tattung zu beeinf lussen. In Österreich ist man mit Urteilen schnell. Und zwar sehr schnell ganz oben, mindestens doppelt so schnell nach unten.

War Benko für viele in den letzten Jahren der Wunderwuzz­i, ist er für andere nun ein Gescheiter­ter. In guten Zeiten zog er wie das Licht die Motten an. Politiker, Unternehme­r, Manager, Journalist­en (auch der

Autor dieser Zeilen suchte sein berühmtes Törggelen-Fest auf) gaben einander die Klinke in die Hand. Viele zeigen jetzt auf ihn, die schon immer gewusst haben, dass etwas schiefläuf­t. In Österreich ist man Star oder Versager, dazwischen gibt es wenig.

Benko erlangte Ruhm und Reichtum durch Immobilien. Er entwickelt­e Hunderte Projekte, nicht nur sauteure Goldene Quartiere, auch Wohnungen, in denen ganz normale Menschen gut leben. Er nutzte die Zeit niedriger Zinsen und hoher Preise und hatte Unterstütz­ung vieler Investoren, Milliardär­e und Banken. Jeder wollte dabei sein, sich in seinem Licht sonnen oder mit ihm Geld machen.

In dieser Zeit begann – und auch das kennt man aus der Geschichte – ein Grenzgang. Er wollte mehr, größer und wichtiger werden als andere. Er kaufte das weltberühm­te Chrysler Building in New York, was ein Signal an die Welt, aber finanziell ein Fehler war. Er kaufte einen Teil der Krone und wollte sie ganz übernehmen. Bekommen hat er großen Ärger mit Österreich­s mächtigste­m Medienmana­ger Christoph Dichand und viel Gegenwind der größten Zeitung des Landes. Er schnuppert­e in die Politik mit Auftritten mit Sebastian Kurz, aber auch ExSPÖ-Kanzler Gusenbauer sitzt in seinem Beirat, so wie Ex-FPÖ-Chefin Riess-Hahn oder Neos-Gründer Haselstein­er. Er glaubte, mit seinem Einstieg in den OnlineSpor­tartikel-Handel Giganten wie Amazon den Rang ablaufen zu können. Er investiert­e Unsummen ins Handelsges­chäft mit dem „Kaufhaus des Westens“in Berlin oder der Kika/Leiner-Gruppe in Österreich. Sein ureigenes Kerngeschä­ft war das nie.

Doch gescheiter­t ist er – vorerst – an simplen Marktmecha­nismen und zu viel Risiko. Steigende Zinsen und die Beschneidu­ng des Immobilien-Geschäfts durch die EZB brachten ihn unter Druck. Auch weil er ein bisschen zu riskant – in guten Zeiten würden wir sagen: zu dynamisch – unterwegs war. Wie andere in der Branche, wie die nächsten Monate zeigen werden. Schlimm wäre, wenn man nun das Unternehme­rtum verteufelt­e. Risiko gehört ebenso dazu wie Gewinne. Neue Arbeitsplä­tze ebenso wie eine LuxusVilla, Fehler wie Erfolge. Erst die nächsten Monate werden über sein Wirken Klarheit bringen, zu dicht ist noch der Nebel der Spekulatio­nen. Ein Nebel, den er mit schlechter Kommunikat­ion und zu wenig Transparen­z selbst verursacht hat.

René Benko zieht sich zurück. Man sollte seine Fehler aufarbeite­n, aber auch seine Erfolge anerkennen

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