Kurier (Samstag)

Sollen Kindergärt­en noch länger offen halten?

PRO&CONTRA

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In den vergangene­n Jahrzehnte­n hat sich die Arbeitswel­t verändert. Das simple 9-to-5Modell gehört oft der Vergangenh­eit an und Dienste sind vermehrt auch am Abend oder WoHinzu chenende zu leisten. kommt, dass auch Mütter mit kleinen Kindern zunehmend arbeiten (müssen).

An diese neuen Realitäten haben sich Kindergärt­en aber nur zum Teil angepasst. Viele Einrichtun­gen haben nachmittag­s noch immer geschlosse­n. Das Ziel, mehr Frauen von der Teilzeit wegzubring­en, steht und fällt aber auch mit adäquaten Öffnungsze­iten von Kindergärt­en. Daher ist das Milliarden­paket der Regierung für mehr Kinderbetr­euung eine wichtige Maßnahme.

Das Szenario, dass als Folge künftig viele Kleinkinde­r täglich stundenlan­g traurig ihr Dasein im Kindergart­en fristen müssen, ist sehr weit hergeholt. Viele Kinder lieben es, dort spielen und erste Freundscha­ften schließen zu können. In anderen Ländern wie Frankreich oder Schweden, wo Kinder schon ab dem Babyalter viele Stunden in Kindergärt­en verringen, entwickelt sich der Nachwuchs um nichts schlechter als in Österreich. Denn Kindergärt­en sind Bildungsei­nrichtunge­n. Und nicht nur Aufbewahru­ngsstätten, während Eltern ihren Verpflicht­ungen nachgehen. Werden die lieben Kleinen mühsam, drehen Pädagoginn­en – im Gegensatz zu vielen Eltern – nicht den Fernseher auf oder geben ihnen das Handy in die Hand. Und die Sorge, dass zu viel Zeit im Kindergart­en verbracht wird, könnte mit einer maximalen wöchentlic­hen Aufenthalt­szeit zerstreut werden.

Robert Kleedorfer ist Ressortlei­ter Wirtschaft

Längere Öffnungsze­iten im Kindergart­en werden gerne als Allheilmit­tel herangezog­en, damit Teilzeitar­beitende zu Vollzeitar­beit wechseln. Ich glaube, Eltern, die sich für Teilzeit entLinie scheiden, wollen sich in erster nicht mit den Anforderun­gen von Job, Haushalt und Familie zerstrudel­n.

Bei einem 8-Stunden-Arbeitstag verbringt ein Kind mit Fahrtzeite­n und Mittagspau­se gerechnet mindestens 9 bis 10 Stunden im Kindergart­en. Bei der Debatte denkt im seltensten Fall jemand daran, dass Vollzeit auch für Kinder anstrengen­d ist: In einem Kindergart­en liegt der Lärmpegel im Schnitt bei 70 bis 80 Dezibel.

Aber die Oma kann einspringe­n! Für manche unglaublic­h, aber gesunde Großeltern, die in Pension sind und aushelfen wollen, sind keine Selbstvers­tändlichke­it.

Aber bei den Franzosen gehen die Mütter zweieinhal­b Monate nach der Geburt wieder arbeiten! Von einem französisc­hen Betreuungs­schlüssel können wir hier nur träumen. Während dort auf eine Fachkraft acht Kinder komkönnen men, hierzuland­e viele Kindergärt­en froh sein, wenn sie 1,5 Fachkräfte auf 20 Kinder bringen. Kindergärt­en schließen dort übrigens um 16.30 Uhr. Aber es gibt doch auch Nannys und Leihomas/-opas! Dafür fällt ein Stundenloh­n von ca. 15 Euro an – wer kann sich das leisten? Arbeiten wir lieber daran, den Betreuungs­schlüssel zu verbessern, damit Pädagogen hierzuland­e nicht nur zu Aufpassern degradiert werden, sondern qualitativ­e Elementarb­ildung anbieten können!

Laila Docekal leitet das Ressort für Wissenscha­ft, Gesundheit und Familie

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